Romanik

Einleitung

Die Stilepoche der Romanik umfasst etwa 300 Jahre, und zwar von etwa 950 bis circa 1250, und fand als Architekturstil in ganz Europa Verbreitung.

Auf Grund des langen Zeitraums gliedert man die Epoche der Romanik in Früh-, Hoch- und Spätromanik.

Ihren Namen bekam die Romanik erst im Jahr 1824 von dem französischen Archäologen de Caumont verliehen.

Romanisch bedeutet: von Rom abgeleitet, da der romanische Stil an die römisch antiken Bauten aus rohem Stein, mit Bögen und Säulen erinnert. Die Epoche der Romanik meint in erster Linie einen Architekturstil im Hochmittelalter des westlichen Europas, dem die Kunst der Plastik und Malerei untergeordnet und dienend ist.

Die Vorromanik hatte unter Karl dem Großen (747-814) mit der Aufnahme des römischen Steinbaus durch die nordischen Völker begonnen. Zur Zeit der Karolinger und Ottonen setzte die Verbreitung der altchristlichen Basilika in Europa ein. Diese Basilika, mit einem Mittelschiff und zwei Seitenschiffen sowie dem Chor im Osten, gilt als Vorreiter der romanischen Kirche. Um 950 wurde das Übernommene schließlich durch Eigenes, durch eine Selbstaussage des Abendlandes, wie das Einsetzten der Frühromanik beschrieben wird, abgelöst.

Das eigentliche Thema der Romanik ist der Sakralbau. Man schuf geschützte Andachtsräume für die gesamte christliche Gemeinde, die vor allem im Osten Deutschlands, oftmals wegen des erbitterten Widerstandes gegen die christliche Bekehrung, zerstört und wieder neu errichtet wurden. Im ländlichen Bereich ist ein wesentliches Merkmal daher auch die Wehrhaftigkeit der romanischen Architektur.
Die Bauten der Romanik dienten zugleich häufig dem Ruhm der Stifterfamilien und enthielten Schatzkammer für Reliquien. Zahlreiche Gotteshäuser wurden zur Begräbnisstätte für Fürsten und Bischöfe erwählt, der Chorraum oftmals zu einem Raum für private oder dynastische Vorrechte der Landes- und Kirchenfürsten erkoren.
Die Namen der Bischöfe, Domherren und Stifter, wie auch ihre Biographien, kennt man aus gesicherten historischen bzw. kirchenhistorischen Quellen. Über die Künstler und Bauherren der Romanik hingegen weiß man heute fast nichts mehr.

Der romanische Baustil ist außerordentlich reich an Variationen und regionalen Besonderheiten. Trotzdem finden sich gleichförmige, einheitliche Grundformen an allen romanischen Bauten wieder. So ist der Rundbogen an Fenstern, Friesen und Portalen das markante, verbindende Merkmal der romanischen Architektur. Viele der romanischen Bauten sind der darauffolgenden Gotik gewichen oder auch zerstört worden.
Besonders in Frankreich wurden romanische Kirchen oft durch gotische Bauten ersetzt und gingen damit unwiderruflich verloren. Auch zahlreiche der dortigen romanischen Burgen sind heute nur noch Ruinen.
In Deutschland hingegen findet man immer noch eine Fülle von romanischer Architektur. So ist das Stadtbild Kölns wesentlich durch die Romanik geprägt und auch in Sachsen-Anhalt kann man heute noch viele erhaltene romanische Kirchen, Pfalzen und Dome bewundern.

Stilprägende Bauten

Die stilprägenden Bauten der Romanik sind, wie erwähnt, Sakralbauten. Der romanische Kirchenbau ersetzte nach römischem Vorbild, den Tempelbau der Antike. Während aber das griechische Volk den Tempel nicht betrat, schuf die romanische Architektur einen Raum, der die gesamte christliche Gemeinde aufnehmen sollte und auch konnte. Zum Schutz vor Witterung und Bränden war der Steinbau erforderlich. Zudem wollte man ein einheitliches Bild des Kirchenbaus erschaffen.

Die romanischen Kirchen wurden aus schweren, massiven Steinquadern errichtet, die roh und unbearbeitet blieben. Sie verzichten weitgehend auf verzierende Mittel.

Eine Besonderheit der romanischen Kirche sind die Türme. Die altchristlichen Bauten kannten nur den freistehenden Glockenturm, den die Italiener als Campanile beibehielten. In der nordeuropäischen Architektur jedoch verschmolz der Turm mit dem Baukörper als Krönung der gesamten Kirche. In Deutschland und Frankreich wurde nach der Jahrtausendwende die Zweiturmfassade geschaffen. Es traten gelegentlich aber bis zu sieben Türme, beispielsweise in Limburg an der Lahn, auf. Auch in Mainz und Speyer findet man an den Domen jeweils sechs Türme, sie gleichen wahren "Gottesburgen".

Das für die Romanik unveränderliche Merkmal, den Rundbogen, findet man seit dem 12. Jahrhundert an Fenstern, Portalen sowie in waagerecht verlaufenden Schmuckbändern, dem Rundbogenfries. Die senkrechten Bögen zur Wandgliederung besitzen keinen Durchgang und werden deshalb auch Blendbögen genannt.
Gewölbte Tür- und Fensteröffnungen wurden jedoch nicht nur aus ästhetischen Gründen bevorzugt. Die gegeneinander gelegten Rundungen haben aber vor allem eine große Bedeutung für die Statik des Gebäudes. Durch ein haltbietendes Aneinanderfügen der Bögen wird die Wölbung erzielt, die den Druck eines aufgetürmten, lastenden Daches abfängt und eine Einsturzgefahr verhindert, aber zumindest stark mindert. Im Innenraum wurde die Dachwölbung durch ein Kreuzgratgewölbe gegliedert, das zu einer besonderen Wesensart der Epoche führte. Durch die Wölbung erreichte die romanische Kirche zudem ihren höchsten Grad an Monumentalität.
Die durch die Rundbögen erzielte Wölbung musste im Innenraum zusätzlich stabilisiert werden. Aus dieser Notwendigkeit entwickelte sich ein weiteres ästhetisches Merkmal der romanischen Architektur, der Stützwechsel. Die sich abwechselnden Säulen und Pfeiler, die als Stützen dienten, ließen zudem viel Freiraum für die Versammlung der Gemeinde innerhalb der Kirche. Während die Säulen die Gewölbelast abfingen, dienten die Pfeiler zur statischen Absicherung der Räume.


Frühromanik (etwa 950-1150)
In der Frühromanik ersetzte oft der massige Vierkantpfeiler die antike Säule. Das korinthische Kapitell, der obere Abschluss der Säule, wurde durch das blockhafte Würfelkapitell abgelöst. Alle organischen Gebilde, wie Pflanzenschmuck und die menschliche Gestalt wurden verbannt und nur selten bemalte man die Wände mit Fresken.
Vielmehr sollte der rohe Stein wirken. Die frühromanische Baukunst wird deshalb auch als "das schwere Schweigen" bezeichnet.
Die Romanik steht mit dieser Rückkehr zu Urformen im Gegensatz zur reichen islamischen und indischen Kunst, die sich ebenfalls aus der Spätantike entwickelten.

Hochromanik (etwas 1050-1150)
Während der Hochromanik bildete sich in Europa eine Vielgestaltigkeit des Stils heraus. Gemeinsam war allen Stilrichtungen die Entwicklung vom Kargen zum Reicheren und Lebendigen.
Die Gliederung der Mauern wurde gelöst, die Außenwand häufig durch Friese aus kleinen Rundbögen verziert. Diese Bildung von Wandschichten wurde von den unteren Geschossen zu den oberen hin gesteigert. Auch die Größe der Rundbogenfriese steigert sich mit der Höhe. Abschließend bildet eine Zwerggalerie einen Gang hinter den Rundbögen und lässt die Wand raumhaltig erscheinen.
Eindrucksvoll ist auch die hochromanische, zweigeschossige Burgkirche mit Doppelkapelle. Der untere Kirchenraum war für die Allgemeinheit bestimmt, der obere Raum blieb Andachtsraum für Hochgestellte und den Adel.

Spätromanik (1150-1250)
Die Spätromanik zeichnet sich durch eine vielseitige Gestaltung der Innenräume und des Zierschmucks, wie Rundbogenfriese und Blendbögen. Häufig fügte man der Doppelturmfassade prächtige Vierungstürme anbei. Auch finden sich bereits um 1250 frühgotische Stilmerkmale in der spätromanischen Architektur wieder.

Die unterschiedlichen Mönchsorden und Auftragsgeber von Kirchen sind der Grund für die Gestaltungsvielfalt der romanischen Architektur. Gleich blieb den Bauten jedoch, dass die Idee der christlichen Herrschaft in ihnen verwirklicht werden sollte. In diesem Sinn nahm der Chor eine besondere Stellung in der romanischen Baukunst ein. Der Blick der Gemeinde sollte sich auf die, im Chor vollzogene Handlung des Priesters, konzentrieren. So wurden der Gestaltung des Chors, sowohl in der Innenausstattung, wie auch am Außenbau, große Aufmerksamkeit geschenkt. Es ist daher kein Zufall, dass der Chor in Domen und Kirchen gewöhnlich nach Osten, in Richtung des Geburtslands Christi zeigt.

Profanbauten
Im Gegensatz zum Sakralbau sind die wenigsten Wohnhäuser der Romanik aus Stein gebaut. Der Baustoff der Häuser war allgemein Holz.
In Deutschland haben sich viele Fachwerkbauten aus der Romanik, vor allem in Kleinstädten und Dörfern, bis heute erhalten.

Die größeren Profanbauten, wie Pfalzen und Burgen, sind jedoch, wie Klöster aus Stein gebaut. Pfalzen dienten den Kaisern, die keine feste Residenz hatten, als Aufenthaltsort. Sie waren nur schwach befestigt und kamen der altgermanischen Königshalle gleich. Die meisten Adelssitze aber sind Höhenburgen, deren Verteidigung durch das steile Gelände vereinfacht wurde. Die, in der Ebene liegenden Wasserburgen wurden als regelmäßige Quadrate mit Ecktürmen gestaltet, die von einem schützenden Wassergraben umgeben waren.

Bildende Kunst

Etwa um das Jahr 1100 wurde zu gleichen Zeit in Spanien, in der Lombardei und der Provence die Bauplastik geboren. Sie fand ihren Platz an Kirchenfassaden, besonders an Portalen und Bogenfeldern. Die Themen waren biblische Szenen sowie heilige und dämonische Figuren. Sie sollten bildnerisch den Gehalt der Bibel erzählen und bösen Mächten den Zugang zur Kirche verwehren. Die Bauplastik versinnbildlichte das Grunderlebnis des romanischen Menschen, den stetigen Kampf zwischen heiligen und dämonischen Kräften. Dieser Dämonenglaube wich erst mit dem Beginn der Gotik aus den Gedanken der Menschen.

Die Bildhauerei war der Architektur ganz und gar untergeordnet. Während sie zuerst ihren Platz nur an ausgewählten Stellen, wie an Säulenkapitellen und im Tympanon, dem halbrunden Bogenfeld über der Türöffnung, erhielt, spielte sie später auch im Altarraum und an Grabanlagen eine Rolle.

An den Säulenkapitellen dienten die figürlichen Darstellungen nicht vordergründig der Kunst, vielmehr erhielten Gott und die Welt ein Abbild in den Reliefs der Abschlusssteine. Im Tympanonfeld bevorzugte man dämonische und heilige Darstellungen. Da der Großteil der Menschen im Mittelalter nicht lesen konnte, sollten hier biblische Bilder das geschriebene Wort ergänzen. Am Lettner, der Trennwand zwischen Altar und Kirchenraum, befinden sich meist Christus- und Mariendarstellungen.

Die Plastiken strebten nicht nach realistischen Darstellungen und Proportion, sondern hatten einen meist christlichen Symbolgehalt zu erfüllen. Dramatische Szenen, dämonische Gesichter und Fratzen, eine starke Faltenausprägung der Gewandfigur sollten das Auge fesseln. Der ausgeprägte Kontrast zwischen Symbolen für Gutes und Schlechtes war durchaus gewollt und berechnet. Die Bildhauerkunst der Romanik ist durch das Streben nach starkem Ausdruck gekennzeichnet. Die Absicht liegt in der christlichen Mission.

Neben der Plastik spielt auch die Buchmalerei in der Romanik eine wichtige Rolle. Sie steht ebenfalls als Vermittler des biblischen Textes und wurde meist in strahlenden, bunten Farben gestaltet. Wie die Plastik, sollten die Bilder biblische Geschichten visuell erfahrbar machen und sie dem Laien verdeutlichen. Auch Wandteppiche, Elfenbeinschnitzereien und Freskenmalerei dienten diesem Zweck. Die Ausgestaltung der Anfangslettern sollte möglichst den Inhalt des folgenden Textes erhellen. Der Hintergrund wurde auf Grund des Interesses der eigentlichen Darstellung vernachlässigt. Höchstens ein Haus, Turm oder Baum wurde ins Bild gesetzt. Auch in der Buchmalerei dominiert der Symbolcharakter. Jedoch finden Ornamentmotive, die an die byzantinischen Vorbilder erinnern, in der Kunst der Romanik eine häufige Verwendung und sind oft sehr schön und reich gestaltet.

Romanik in Deutschland

Die romanische Architektur zeigt in Deutschland nicht so viele unterschiedliche Gesichter, wie beispielsweise in Italien oder Frankreich. Während im 11. Jahrhundert die flachgedeckte Basilika gebaut wurde, sind die Kirchen und Dome aus dem 12. Jahrhundert mit Kreuzgratgewölbe gedeckt und weisen die, für die Romanik typischen Rundbogen auf. Dennoch lassen sich unterschiedliche Stile auch im deutschen Raum erkennen. So findet man im Westfälischen Gebiet den reinsten Ausdruck des romanischen Baustils. Hier dominiert die Schwere und Schwerfälligkeit der Architektur. Die Heiterkeit der Rheinländer hingegen fand ihre Bauweise besonders in der formenreicheren Spätromanik.

Eine Besonderheit der deutschen Romanik ist die Errichtung zweier Chöre. Dem Chor im Osten wurde ein zweiter im Westen zur Seite gestellt. Meist wurden den zwei Chören auch zwei Querschiffe hinzugefügt. Als Beispiel fungieren hier St. Michael in Hildesheim und die Dome in Worms und Mainz.

Zur Zeit der Romanik hatten die Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation die politische Vormachtstellung in Europa inne. Die Idee dieses Reiches basierte auf der Verbindung von Profanem (Weltlichem) und Sakralem (Heiligem) und stellte sich z.B. in den Kaiserdomen in Speyer und Mainz architektonisch dar. Der Dom zu Speyer ist das größte romanische Bauwerk Deutschlands. Er wurde in zwei Bauperioden, um 1025 bis 1061 und 1082 bis 1106, errichtet.
Seit 1981 gehört der Speyerer Dom zum Weltkulturerbe.

Im Gegensatz zu den romanischen Bauten in Frankreich, sind in Deutschland außerordentlich viele Bauwerke der Romanik erhalten. Allein in Köln gibt es zwölf große romanische Kirchen. Der Dom in Königslutter und auch der Bamberger Dom sind romanische Bauten. In Goslar befindet sich eine eindrucksvolle Pfalz, in Nürnberg eine erhaltene romanische Burg. Die Benediktiner Abtei Maria Laach in Rheinland-Pfalz im Jahr 1093 gegründet, weist eine der bedeutendsten romanischen Abteikirchen auf.

Und um die 72 romanische Bauwerke, darunter Kirchen, Dome, (Kaiser)Pfalze und Burgen, lassen sich in Sachsen-Anhalt bewundern.

Die Straße der Romanik ist seit 1993 ein beliebtes Ferien- bzw. Ausflugsziel. Sie umfasst insgesamt ca. 1.000 Kilometer und ist in eine Nord- und eine Südroute aufgeteilt, in deren Zentrum Magdeburg, mit dem bedeutenden ehemaligen Kloster Unser Lieben Frauen, liegt.

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