Venedig: Stadtgeschichte

Venedigs Anfänge

Venedig blickt auf eine lange und wechselvolle Geschichte zurück, die in der späten Antike ihren Anfang nahm. Damals war das Volk der Veneter hier ansässig. Auf dieses Volk geht auch der Name Venedig zurück. Eine weitere Namensherkunft wird auch aus den beiden Losungswörtern der später in die Stadt gekommenen Flüchtlinge hergeleitet. Diese grüßten sich mit den lateinischen Wörtern Veni etiam, was so viel wie "Auch ich kam (her)" bedeutet. ie vermutliche Zeit der Stadtgründung wird allgemeinhin mit dem Jahre 421 angegeben. Zunächst bestand Venedig aus mehreren Siedlungen, die auf den Inseln der Lagune lagen.

Durch die Invasionen der Hunnen im Jahre 452 und die späteren Angriffe der germanischen Langobarden ("Langbärte") 568 kamen viele Flüchtlinge aus Oberitalien in die venezianische Po-Ebene. Auf diese Ereignisse ging auch die Ausdehnung der Stadt zurück.

Venedig war damals ein Außenposten des Byzantinischen Reiches, das wegen der starken Invasionen von Slawen, Persern, Arabern, Franken und v.a. Langobarden nicht die Kraft besaß, Venedig zu dominieren. Die Stadt besaß daher fortwährend ihre Selbständigkeit gegenüber Byzanz sowie gegenüber dem im 8. Jahrhundert unter Pippin III. erstarkenden Fränkischen Kaiserreich. Lukrative Handelsverträge mit beiden Größen wurden abgeschlossen und die Stellung der Stadt konsolidierte sich immer mehr, denn diese Verträge waren der Ausgangspunkt für eine Jahrhunderte lang währende Monopolstellung der Stadt auf dem Gebiet des Handels zwischen Byzanz und dem westlichen Europa.

Unaufhaltsamer Aufstieg

Die städtische Gemeinschaft Venedigs entwickelte sich rasch, zumal der immer stärker werdende anti-östliche Charakter (gegen Byzanz) der Stadt die Autonomie weiter erleichterte. Unter der Herrschaft der gewählten Dogen und ihrer verschiedenen Ratsgremien wurde Venedig neben Genua, Pisa und Amalfi zu einem der vier italienischen Stadtstaaten. Die Regierungsstrukturen begannen immer mehr denen des alten republikanischen Roms zu ähneln: Die Exekutiv-Macht bestand aus dem (eigentlich für Lebenszeit) gewählten Dogen, neben dem eine Versammlung aus Adligen auftrat, die stark an den einstigen römischen Senat erinnerte. Die Einwohner Venedigs besaßen nur beschränkte politische Möglichkeiten, bildeten aber einen nicht ganz unwesentlichen Rückhalt für den Dogen. Der venezianische Stadtadel erreichte durch seine Nähe zum Dogen und zu den administrativen Strukturen der Stadt sowie durch seine Handelsvorrechte eine erhebliche Festigung seiner Vorherrschaft.

Die strategische Position an der adriatischen Küste machte Venedig zu einer beinahe unverwundbaren Schiffsmacht, die aufgrund ihrer Stärke sogar Byzanz gegen die in Süditalien eingefallenen Muslime, v.a. gegen die türkischen Seldschuken, unterstützen konnte. Jene Aspekte und die engen Beziehungen zum Byzantinischen Kaiserreich verschafften der Stadt unglaubliche wirtschaftliche Vorrechte. Kaiser Alexios I. Komnenos sicherte Venedig im Jahre 1081 ein Handelsabkommen zu, welches der Stadt eine einmalige Monopolstellung im Byzantinischen Reich einräumte. Im 12. Jahrhundert waren alle notwendigen Grundlagen für die spätere venezianische Macht bereits gelegt wie z.B. die Kontrolle über den Brenner-Pass von Verona ab 1178.

Im Zeitalter der Kreuzzüge geriet die Stadt immer tiefer in eine starke Feindschaft mit dem Kaiserreich von Byzanz, die im Jahre 1204 kulminierte. In diesem Jahr sollte der 4. Kreuzzug (1202 - 1204) eigentlich nach Ägypten führen, endete aber mit der Plünderung und teilweisen Zerstörung von Byzanz unter der Drahtzieherschaft des blinden venezianischen Dogen Enrico Dandolo. Das Lateinische Kaiserreich entstand auf byzantinischem Boden und wurde de facto von Venedig dominiert. Unglaubliche Reichtümer wurden geraubt und aus Byzanz in die Lagunenstadt an der Adria gebracht. Venedig hatte den bis dato höchsten Punkt seiner Macht erreicht. Mit dem Ereignis von 1204 wurde das Verhältnis von den östlichen zu den westlichen Völkern eingeleitet.

Venedig lag weiterhin in heftiger und kriegerischer Rivalität zu Genua. Genua gelang es zwar, im vierten Krieg gegen Venedig im Jahre 1381 Chioggia zu besetzen, das Gebiet an der südlichen Grenze der Lagune, doch erfolgte schon kurz darauf der Abzug. Im Laufe des 14. Jahrhunderts dehnte sich die Republik Venedig auch auf das Festland aus, geriet durch eine geschickte Heiratspolitik in den Besitz von Zypern und dominierte den Handel mit der Levante (also v.a. den gegründeten Kreuzfahrerstaaten), während Genua den Schwarz-Meer-Handel zusehends für sich ausbaute.

Vom Niedergang zur Gegenwart

Im 15. Jahrhundert sank die Bedeutung der Stadt. Konstantinopel (Byzanz), nach 1204 zur lokalen Macht degradiert, war 1453 an die Osmanen gefallen. Diese eroberten sich nun mehr und mehr die Vorherrschaft über das östliche Mittelmeer. Der Weltverkehr wurde weiterhin auf den Atlantischen Ozean verlagert. Portugals Stellung nahm mit der Entdeckung des Seeweges um Afrika nach Indien durch Vasco da Gama zu.

Die Monopolstellung Venedigs über den Gewürzhandel mit der Levante brach zusammen. Mit dem Jahre 1571 wurde Zyperns Übergang an die Osmanen eingeleitet, auch wenn die "Heilige Liga" (Papst, Spanien und Venedig) unter Don Juan de Austria in der Seeschlacht von Lepanto Erfolg hatte. Immer stärker wurde die Abnahme der venezianischen Macht und mehr und mehr gingen die einst von Venedig dominierten griechischen Inseln an die Osmanen über. Weiterhin fand ein Erstarken der Seemächte Spanien, Portugal, England und schließlich auch die Niederlande statt, so dass Venedig zu einer Lokalmacht zusammenschrumpfte, auch wenn Dalmatien und temporär der Peleponnes (Morea) noch unter der Hoheit Venedigs gehalten werden konnten.

In der Zeit der Katholischen Reform, deren Höhepunkt das Konzil von Trient bildete (1545 - 1563), herrschte in Venedig eine bemerkenswerte Religionstoleranz, welche die Stadt in starke Probleme mit dem Papsttum verwickelte.
Mehr als einmal lag die Gefahr eines Interdikts vor, das schließlich auch zweimal ausgesprochen worden war, zuletzt 1509 durch Papst Julius II.
Allerdings wurde am 29. März 1516 vom Senat der Stadt beschlossen, dass die hiesigen Juden in einem eigenen und überwachten Vietrel zu leben hätten, dieses Geto (Ghetto) besaß zwei Tore, nur durch die das Viertel betreten bzw. verlassen werden konnte.
Erst mit der Abdankung des letzten Dogen im Jahr 1797, der von Napoleon zudzu gedrängt worden war, wurden die Juden gleichberechtigte Bürger. Als Zeichen dafür waren beiden Tore verbrannt worden.

Das 18. Jahrhundert bildete den Tiefpunkt des einstigen Inselreiches. Im Jahre 1797 wurde Venedig durch den Vertrag von Campo Formio Bestandteil des österreichisch geführten Lombardo-Venezianischen Königreiches. 1798 übernahmen die Österreicher die direkte Kontrolle. Im Jahre 1848 kam es nach mehreren Aufständen in der Lombardei zur Etablierung der Republik Venedig, welche die Unabhängigkeit von Österreich für 17 Monate erkämpft hatte. Österreichische Truppen schlugen am 24. August 1849 die im Jahr zuvor ausgerufene Republik brutal nieder. Im Jahre 1861 hatte sich das italienische Königreich neu gegründet und stellte einen Verbündeten der Preußen im 1866 stattfinden Krieg gegen Österreich dar. Österreich verlor diesen Krieg, und Venedig wurde nach den Regelungen des Wiener Friedensvertrages vom Oktober 1866 (unwiderruflich) Italien angeschlossen.

Es war die Luxusindustrie und der Tourismus, die nun die Lebensadern der Stadt bildeten. Neben Florenz war Venedig die zweite italienische Stadt, die ihre Einkünfte fast ausschließlich über den Tourismus erzielte.

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