Erfurt: Stadtgeschichte

Erfurt ist die Landeshauptstadt des Freistaates Thüringen, der seinen Namen von dem Stamm der Thuringi erhalten hat. Die Besiedelung des Erfurter Gebietes durch diesen Stamm ist für das späte 4. Jahrhundert nachgewiesen worden. Jedoch wurde Erfurt schriftlich zuerst im Jahre 742 erwähnt. Dies geschah durch Bonifatius, den Apostel der Deutschen, der in dieser Urkunde vom Papst die Errichtung eines Bischofssitz in Erphesfurt erbat. Dies wurde ihm gewährt, und so gibt es seit dieser Zeit einen Bischofssitz in Erfurt. 755 wurde das Bistum Erfurt mit dem von Mainz vereint. Kurz nach 805 wurde die erste Kirche in Erfurt erbaut, und für 1066 ist die Errichtung der Befestigung nachgewiesen worden.
Unter den Karolingern und den späteren Ottonen war Erfurt eine Königspfalz, wo wichtige Reichstage abgehalten wurden.

Im Investitutstreit geriet Erfurt zwischen die Fronten des Kaisers und des Bistums Mainz. Die Stadt wurde 1080 von Kaiser Heinrich IV. erobert und in Brand gesetzt. Im Jahre 1212 bildete sich in Erfurt ein erster Rat der Stadt, und 1255 bereits hatte sich eine machtvolle Bürgergemeinde etabliert. Diese riss nun vermehrt die erzbischöflichen Kompetenzen an sich und geriet mehr und mehr in tiefe Auseinandersetzungen mit dem Mainzer Erzbischof. 1279 war der Höhepunkt des Konfliktes erreicht, als erzbischöfliche Amtsinhaber misshandelt und vertrieben worden waren. Die Stadt wurde gebannt und erst zweieinhalb Jahre später davon befreit. Im 13. Jahrhundert war Erfurt bereits zu einem bekannten Bildungszentrum geworden, deren hohe Zahl an Studenten auffiel und die jeder anderen Stadt überragte. Ab 1292 war hier Meister Eckhart als Prior und Vikar tätig. Eckhart machte die Stadt mit seinen philosophischen Predigten weit über ihre Grenzen hinaus berühmt.


Die bildungstechnische Entwicklung der Stadt kulminierte im 14. Jahrhundert, als sich das Erfurter Studium Generale als wichtigste Bildungsinstitution im ganzen Römischen Reich Deutscher Nation etablieren konnte. 1392 wurde die Erfurter Universität gegründet, deren berühmtester Absolvent 1505 Martin Luther werden sollte.

Im 14. und 15. Jahrhundert war Erfurt eine mittelalterliche Großstadt mit etwa 20.000 Einwohnern. Sie war darüber hinaus das Handelszentrum von Thüringen. In diesem Zusammenhang kam es zu zahlreichen Auseinandersetzungen mit den Landesherren von Sachsen. Diese versuchten oftmals, die Stadt zu erobern, doch blieben diese Bemühungen erfolglos. Den Sachsen gelang es indes, mehrmals die Straßen zu zerstören und dadurch den Handel zu behindern. 1483 endete der Zwist mit dem Abschluss eines Schutz-Vertrages, in dem der Erfurter Rat versprach, in jedem Jahr eine festgelegte Summe an die Sachsen zu zahlen.


Im späten Mittelalter nahm die Bedeutung von Erfurt ab. Die Stadt war einst reich geworden durch das Handeln mit Färberwaid (= Pflanze zur Farbgewinnung), doch hatten effizientere Farbstoffe diesen Handel einbrechen lassen. Mit der Eroberung Erfurts durch Truppen des Mainzer Kurfürsten und des Erzbischofs Johann Philipp von Schönborn trat die Stadt 1664 in die Zeit der kurmainzischen Herrschaft ein. Ein Mainzer Statthalter regierte nun über die Bevölkerung. In den Jahren 1682 und 1683 litt Erfurt unter der wohl schwersten Pestwelle in der Geschichte der Stadt. Über die Hälfte der Bevölkerung starb infolge dieser Krankheit. Im Jahre 1736 wurde fast 190 Häuser in Erfurt durch einen Brand zerstört.

Im Zuge des preußisch-französischen Vertrages von 1802 ging Erfurt als Entschädigung an das Königreich Preußen, wobei die Stadt schon 1806 durch Napoléon Bonaparte besetzt werden konnte. Dies geschah ohne Kampf. Bereits 1807 wurde Erfurt zur kaiserlichen Domäne und ein Jahr später fand hier der Erfurter Fürstenkongress statt. Der darin festgehaltene Bündnisvertrag mit Russland wurde jedoch nie eingehalten. Mit dem Jahr 1814 endete die französische Besatzung. Ein Jahr später ging sie wieder an das Königreich Preußen, wobei Preußen den größten Teil von Erfurt an Sachsen-Weimar-Eisenach abtrat. Im Jahr 1816 wurde Erfurt zur kreisfreien Stadt und zum Sitz der preußischen Bezirksregierung. Die Erfurter Universität wurde geschlossen. Nach kurzzeitigen Änderungen im Status Erfurts, wurde es mit dem Jahre 1872 endgültig kreisfreie Stadt.

Das Jahr 1890 brachte das endgültigen Ende der Bismarckschen Sozialistengesetze im Jahr 1890 - die erstmalig 1878 erlassen und häufiger verlängert wurden (= Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie) - Daraufhin fand vom 14. bis 20 Oktober 1891 unter der Leitung von August Bebel im Erfurter Kaisersaal der Parteitag der in Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) umbenannten Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands statt. Hier wurde das Erfurter Programm verabschiedet, das sich wieder stark an Karl Marx orientierte, aber auch zahlreiche konkrete Forderungen - wie ein Verbot der Kinderarbeit unter 14 Jahren - enthielt.

Im späten 19. Jahrhundert war Erfurt zu einem wichtigen Industriestandort wie zu einem Zentrum für Gartenbau und Saatzucht geworden und ab 1906 in den Rang einer Großstadt aufgestiegen; damals zählte es 100.000 Einwohner. Nach dem Ersten Weltkrieg litt auch Erfurt unter den Folgen der Weltwirtschaftskrise. Unglaubliche Produktionseinbußen und eine sehr hohe Arbeitslosigkeit sorgten für einen Rechtsruck der Bevölkerung, so dass die Nationalsozialisten hier frühzeitig viele Wähler finden konnten. Die deutschen Faschisten kontrollierten Erfurt ab 1933 und errichteten hier eines ihrer ersten Konzentrationslager. Vor verheerenden Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg blieb Erfurt bewahrt.


1945 wurde Erfurt dem Land Thüringen zugeordnet und Teil der sowjetischen Besatzungszone. 1948 ernannte der Thüringer Landtag Erfurt zur Landeshauptstadt Thüringens, doch bereits 1952 wurde das Land Thüringen aufgelöst. Danach teilte man es in drei Bezirke auf: Einer davon war Erfurt. Mit dem Ende der 1960er begingen die Kommunisten in Erfurt ein architektonisches Verbrechen, als sie das Krämpferviertel weiträumig abrissen, den Juri-Gagarin-Ring verbreiterten und in Erfurt diverse Plattenbauten errichteten. Das wundervolle Stadtbild wurde dadurch nachhaltig gestört. Im Jahre 1970 begrüßten die Erfurter Willy Brandt, der sich v.a. am Fenster des Erfurter Hofes zeigte. 19 Jahre später kam der Umbruch, und 1991 stimmte der Thüringer Landtag positiv daraufhin ab, Erfurt erneut zur Thüringer Landeshauptstadt zu machen. 1994 wurde die Universität Erfurt wieder eröffnet und die Stadt wurde zum katholischen Bistum.

Seither ist Erfurt architektonisch wieder aufgeblüht, hat viele Sanierungen miterlebt und eine wunderbare Verschönerung des Stadtbildes. Fast alle Gebäude der historischen Altstadt wurden saniert, an manchen Stellen entstanden Neubauten, die sich aber größtenteils harmonisch in das Gesamtbild der Stadt einfügten

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