Thessaloniki: Stadtgeschichte

Die Anfänge

Thessaloniki wurde 315 v. Chr. durch den makedonischen König Kassandros (350-297 v. Chr.) - der wichtigste Nachfolger von Alexander dem Großen (356 – 323 v. Chr.) - als Thessalonikē gegründet.
Den Namen erhielt die Neugründung nach seiner Frau Thessalonikē - einer Halbschwester von Alexander.
Im Jahr 168 v. Chr. wurde das makedonische Königreich aufgelöst und 146 v. Chr. beendeten sie auch ein eigenständiges Makedonien.

Zeit der Römer

Die Stadt wurde danach zur Hauptstadt der römischen Provinz Macedonia. Nach der Flucht aus Rom vor Gaius Julius Caesar (100-44 v. Chr.) im Jahr 49 hatten rund 200 römischen Konsuln ihren Sitz nach Thessaloniki verlegt und hier sogar Sitzungen des Senats abgehalten.
Um das Jahr 50 n. Chr. hatte der Apostel Paulus hier eine christliche Gemeinde gegründet.

Ein großer Zeitsprung soll ins Jahr 300 n. Chr. führen, als Thessaloniki von Kaiser Galerius (250-311) zu einer seiner Residenzen gemacht wurde und hier zahlreiche prächtige Gebäude entstanden waren.

Im Jahr 322 wurde von Kaiser Konstantin I. (272-337) ein Hafenbecken angelegt. Seinen Mitkaiser Licinius (von 308-324) ließ er 325 in der Stadt hinrichten.
Es sei erwähnt, dass im Mai 330 Byzantion – das spätere Konstantinopel und heutige Istanbul die christliche Hauptstadt des oströmischen Reiches wurde und das bis zur Eroberung durch die Osmanen unter Sultan Mehmed II. (1432-1481) am 29. Mai 1453 blieb.
390 kam es zu einem Aufstand gegen Kaiser Theodosius I. (347-395), der aber brutal niedergeschlagen wurde.
Nach der Reichsteilung von 395 in ein Oströmisches und Weströmisches Reich kam Thessaloniki zum Oströmischen Reich. Flavius Arcadius (377-408) wurde der erste Herrscher des Oströmischen (Byzantinischen) Reiches

Byzantinische Zeit

In den ersten Jahrhunderten der byzantinischen Zeit zwischen 550 bis 750 konnte Thessaloniki die angreifenden Awaren und Slawen erfolgreich abwehren.
Anfang des 9. Jahrhunderts entstand das byzantinische Herrschaftsgebiet Thessaloniki.

In diesem Jahrhundert gab es eine lange Zeit des Friedens und Wohlstands. Im Byzantinischen Reich war Thessaloniki zeitweise nach Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, die bedeutendste Stadt des Reiches.

Die Zeit des Friedens endete im Jahre 904 als die Sarazenen in die Stadt eingedrungen und die Stadt verwüstet hatten. Dasselbe geschah im Jahr 1185 durch sizilianische Normannen. Ab 1204 wurde Thessaloniki infolge des 4. Kreuzzuges für kurze Zeit Hauptstadt eines fränkischen Königreichs unter Bonifatius I. (1150-1207) - Markgraf von Montferrat. Während dieser Zeit wurden die Hagios Demetrios und die Hagia Sofia zu katholischen Kirchen.

Danach herrschten hier von 1224 bis 1242 die Despoten von Epiros. Epirus ist eine Region im Nordwesten von Griechenland
Das Despotat Epiros war einer der griechischen Nachfolgestaaten des Byzantinischen Reiches
Aber 1246 kam die Stadt wieder unter die Herrschaft des Kaisers in Byzanz.
Für Thessaloniki begann danach wieder eine friedliche und glanzvolle Zeit, in der u.a. die Hagia Apostoloi, die Hagia Ekaterini, das Vlatades-Kloster sowie die große Hafenmole errichtet wurden, von der noch ein Teil erhalten ist.
Von 1342 bis 1349 kam die Stadt unter die Herrschaft von radikalen Revolutionären (Zeloten), die hier für rund sieben Jahre eine autonome Stadtrepublik errichtet hatten.
1403 wurde Thessaloniki wieder byzantinisch und kam 1423 unter die Herrschaft von Venedig.

Zeit der Osmanen

Die Herrschaft der Venezianer endete im März 1430, als Sultan Murad II. (1404-1451) die Stadt erobert und unter die Herrschaft des Osmanischen Reiches gestellt hatte. In dieser Zeit wurde der Name der Stadt Thessaloniki zu Selânik.
Zwischen 1821 und 1822 kam es zu Befreiungsbewegungen der Griechen gegen die Osmanen, die hier im Norden des Landes aber niedergeschlagen wurden. Aber im Süden waren die Freiheitskämpfer dagegen erfolgreich, sodass durch das Londoner Protokoll vom 3. Februar 1830 Zentralgriechenland, der Peloponnes und die Kykladen zum selbstständigen Staat Griechenland erklärt wurden – der Beginn eines Staates Griechenland.

Im Jahr 1832 wurde der bayerische Prinz Otto (1815-1867), ein Sohn von König Ludwig I. (1786-1868) von Bayern, als Otto I. der erste König von Griechenlands. Ottos Regentschaft endete 1862 nach einem unblutigen Aufstand. Otto konnte mit Hilfe eines englischen Kriegsschiffs ins Exil nach Bamberg in Bayern flüchten.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam es in Thessaloniki zu einem bemerkenswerten Aufschwung, der sich nicht zuletzt in einer mehr als Verdoppelung der Einwohnerzahl niederschlug. So lebten um 1860 etwa 50.000 Menschen in der Stadt, während es 1895 bereits um 120.000 waren.
1869 wurden die südlichen Teile der alten byzantinischen Stadtmauer abgerissen, um Raum für Wohnhäuser zu schaffen.
1871 wurde die Eisenbahnlinie nach Skopje gebaut, die 1888 über Belgrad an das europäische Eisenbahnnetz angeschlossen wurde
Am 4. September 1890 kam es zu einer Feuersbrunst, durch die 20.000 Menschen obdachlos wurden. Dabei wurden u.a. das europäische Viertel mit dem britischen und dem griechischen Konsulat, das griechische Krankenhaus, die Sophienkirche, die byzantinische Kirche mit dem Regierungsarchiv, die Metropolitenkirche sowie sieben Synagogen ein Opfer der Flammen.
1893 wurde die erste - noch von Pferden gezogene - Straßenbahn eröffnet.
Mustafa Kemal Atatürk, der Begründer der modernen Türkei, wurde 1881 in Thessaloniki geboren. Sein Geburtshaus ist heutzutage ein Museum.

Die beiden Architekten Vitaliano Poselli (1838-1918) aus Sizilien und Pierro Arigoni (1856-1940) aus Turin hatten gegen Ende des 19. Jahrhunderts zahlreiche private und öffentliche Gebäude entworfen und damit wesentlich das Stadtbild geprägt.
Im April 1903 kam es in der Stadt und der Umgebung zu einer Reihe von Attentaten durch die bulgarische Untergrundarmee BMARK (Balgarski Makedono-odrinski Rewoljuzionni Komiteti). Opfer der Attentate waren im Hafen der Stadt ein französische Schiff, die Ottomanische Bank und eine Reihe öffentlicher Gebäude.
Im Jahr 1909 wurde Sultan Abdülhamid II. (1842-1918) nach Thessaloniki verbannt und hier in der Villa Alatini unter Hausarrest gestellt. Er hatte einen Aufstand konservativer Soldaten und der religiös beeinflussten Bevölkerung gegen die Regierung der Jungtürken unterstützt, um diese zu stürzen. Sein Nachfolger wurde sein jüngerer Bruder Reshid Effendi (1844-1918) als Sultan Mehmed V.
Am 8. November 1912 nach der Kriegserklärung Montenegros, Serbiens, Bulgariens und Griechenlands an das Osmanische Reich (1. Balkankrieg), wurde die Stadt von griechischen und bulgarischen Truppen belagert. Der Kommandeur der osmanischen Streitkräfte hatte daraufhin die Stadt den Griechen - und nicht den Bulgaren – ohne Blutvergießen übergeben.
Am 18. März 1913 wurde der griechische König Georg I. (1845-1913) in Thessaloniki Opfer eines Attentats. Am 8. Juli kam es infolgedessen zum 2. Balkankrieg. Im darauf folgenden Frieden von Bukarest am 10. August 1913 kamen Thessaloniki und große Teile von Makedonien zu Griechenland

Erster Weltkrieg, Griechisch-Türkischer Krieg

Auslöser des Ersten Weltkriegs war die Ermordung des Thronfolgers von Österreich-Ungarns, Erzherzog Franz Ferdinand (1863-1914) und seiner Frau Sophie Chotek (1868-1914) am 28. Juni 1914 in Sarajewo.
Infolge des durch den Kriegseintritt von Deutschland und Russland am 1. August 1914 begonnenen Krieges waren Mitte Oktober 1915 mit Unterstützung des griechischen Ministerpräsidenten alliierte Truppen in Thessaloniki einmarschiert.
Ihr Auftrag war, die Truppen der Mittelmächte, also die von Österreich-Ungarn, der Türkei, Deutschlands und Bulgariens anzugreifen. Von 1916 bis 1918 befand sich hier sogar das alliierte Hauptquartier der Region.
Am 18. August 1917 wurde durch ein verheerendes Feuer fast das gesamte südliche Stadtzentrum ein Opfer der Flammen.
Der Wiederaufbau fand unter der Leitung des französischen Architekten und Städteplaners Ernest Hébrard (1875-1933) statt, der kurz vorher mit dem Militär nach Thessaloniki gekommen war.

Griechisch-Türkischer Krieg

Nach dem Ersten Weltkrieg kam es von 1919 bis 1922 zu einem Krieg zwischen der Türkei und Griechenland, der mit einer Niederlage Griechenlands endete.
Die schlimmen Folgen des Krieges kamen anschließend durch den Vertrag von Lausanne von 1923 zustande.
In dem Vertrag wurde ein Bevölkerungsaustausch vereinbart, wobei rund 1,3 Millionen Griechen aus Anatolien und 500.000 Muslime aus Griechenland teilweise mit Gewalt umgesiedelt wurden

Juden und deutsche Besatzung

Juden in Thessaloniki
Wegen der großen jüdischen Gemeinde - hier lebten bis zu 50.000 Juden - wurde die Stadt früher auch als "Jerusalem des Balkans“ bezeichnet. Neuere archäologische Funde auf dem alten jüdischen Friedhof weisen auf eine jüdische Besiedlung Thessalonikis seit dem 2. Jahrhundert nach Christus hin.
Die meisten jüdischen Bewohner der Stadt stammten jedoch von sephardischen Juden ab, die im 15. Jahrhundert von der Iberischen Halbinsel vertrieben worden waren (Alhambra-Edikt)
Vor dem Zweiten Weltkrieg war die Stadt Sitz von etwa 40 Synagogen und hatte eine jüdische Bevölkerung von etwa 56.000 Personen. Sie galt damit als größte sephardische Gemeinde Europas. Bis ins 20. Jahrhundert war Ladino neben Griechisch die dominierende Sprache.
1910 hielt sich David Ben Gurion zum Türkischstudium in der Stadt auf und war fasziniert von der Vielfalt des damaligen jüdischen Gemeinwesens.

Deutsche Besatzung
Von April 1941 bis Herbst 1944 war Thessaloniki von deutschen Truppen besetzt.
Die deutschen Besatzer forderten im Zuge der Judenverfolgungen Schutzgelder von der jüdischen Gemeinde. Diese erbrachte den enormen Betrag von 3 Billionen Drachmen, aber selbst dieser Betrag wurde als zu niedrig empfunden.
Daraufhin beschlagnahmten die Deutschen am 6. Dezember 1942 den jüdischen Friedhof und demontierten die Grabsteine zum Bau eines Schwimmbads für die deutschen Soldaten, zudem wurden die Steine auch als Baumaterial in der Stadt verwendet.
Die Friedhofsfläche wurde anschließend als Bauland verkauft - ein Teil der Aristoteles-Universität hat hier beispielsweise ihren Sitz

Ab März 1943 wurden unter der Leitung des SS-Hauptsturmführers Alois Brunner (1912-2009) bis auf ca. 2.000 alle Juden ins KZ Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Diese Menschen verdanken u.a. dem Einsatz des deutschen Leiters der hiesigen Marinewetterwarte, Georg Eckert (1912-1974) ihr Leben. Er hatte bei den deutschen Militärs und Besatzungsbehörden über einen gewissen Einfluss und konnte daher unter dem Deckmantel völkerkundlicher Studien Kontakte zur griechischen Widerstandsbewegung aufnehmen.
Im Herbst 1944 hatte er zwischen der Wehrmacht und der Volksbefreiungsarmee ELAS den widerstandslosen Abzug der deutschen Truppen aus Thessaloniki mit ausgehandelt.

Nachkriegszeit bis heute

Vom März 1946 bis zum 9. Oktober des Jahres war es zu einem Bürgerkrieg zwischen der kommunistischen DSE (Demokratische Armee Griechenlands) und der konservativen griechischen Regierung gekommen.
Der Krieg wurde im August 1949 am 2.520 m hohen Berg Grammos an der Grenze zwischen Griechenland und Albanien mit der Niederlage der Kommunisten beendet.
Nach dessen Ende begannen 1949 der Wiederaufbau und die wirtschaftliche Erholung der Stadt.
In den 1960er Jahren wurden der neue Hauptbahnhof und das Palais des Sports fertiggestellt. 1966 hatte der OTE-Fernsehturm am Messegelände mit einer Sendung des Fernsehens seinen Betrieb aufgenommen.

Am 20. Juni 1978 wurde die Region von einem schweren Erdbeben der Stärke 6,6 auf der Richterskala heimgesucht, das etwa 50 Menschenleben forderte und erhebliche Schäden an Gebäuden zur Folge hatte.
Im Jahr 1997 war Thessaloniki Kulturhauptstadt Europas.

Vom 11. bis zum 27. August 2004 wurden in der Stadt einige Fußball-Wettbewerbe der Olympischen Sommerspiele 2004 ausgetragen
2006 wurde mit dem der Bau der hiesigen U-Bahn begonnen mit der Fertigstellung ist im Jahr 2018 zu rechnen.
Im Zuge der Verwaltungsreform 2010 kam Triandria zu Thessaloniki.
Bis heute leidet auch Thessaloniki unter der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise von ganz Griechenland.

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