Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)

Überblick
Bei der Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME genannt, handelt es sich um eine durch infizierte Zecken auf den Menschen übertragene virale Erkrankung, die in 1-2% tödlich endet.

In Deutschland erkranken etwa 200 bis 300 Personen pro Jahr. Die Ansteckungsgefahr ist auf bestimmte Risikogebiete in Mitteleuropa und Asien beschränkt. Das Risiko besteht in diesen Regionen in erster Linie beim Aufenthalt in Wald- und Feldgebieten. Neben beruflich gefährdeten Personen wie Landwirten, Förstern oder Waldarbeitern gehen vor allem naturnahe Freizeitaktivitäten mit einem Infektionsrisiko einher. Nach einem Zeckenstich sollte deshalb der Arzt aufgesucht werden.

Name Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)
weitere Bezeichnungen Zentraleuropäische Enzephalitis (CEE = Central European Encephalitis), Zeckenenzephalitis, Tick-Borne Encephalitis (engl.)
Familie Infektionskrankheiten
Vorkommen Europa, insbesondere Mittel- und Osteuropa, Asien
Schweiz, Österreich und Süddeutschland
Häufigkeit In Deutschland im Jahr 2012 ca. 195 gemeldete Fälle
Ursachen Virusinfektion auf Grund von Zeckenbissen
Erreger FSME-Virus
Übertragungswege Biss durch Zecken, sehr selten über virusinfizierte Milch
Risikofaktoren, Riskiogruppen Aufenthalt in Risikogebieten (Wälder, Buschgebiete) zwischen März und November.
Förster, Waldarbeiter aber auch wanderer und Spaziergänger
Inkubationszeit Sieben bis14 Tage, selten bis 28 Tage
Krankheitszeichen (Symtome) Zweiphasiger Verlauf: zunächst grippeähnliche Symptome mit Fieber, fieberfreie Phase von ca. einer Woche, dann bei ca. zehn bis 30 Prozent der Betroffenen Meningoenzephalitis mit Fieber, Erbrechen und zentralnervösen Symptomen (starke Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, psychische Veränderungen, Verwirrtheit oder Bewusstseinsverlust)
Komplikationen Bei Beteiligung des Rückenmarks neurologische Ausfälle möglich (Lähmungen, Anfallsleiden, lang andauernde Kopfschmerzen, Muskelschwäche)
Diagnostik Klinische Verdachtsdiagnose gestützt durch labormedizinische Verfahren: Antikörpernachweis, zu Beginn Virusnachweis in Blut und Liquor möglich.
Therapie Symptomatische Therapie, eine direkte Virusbekämpfung ist nicht möglich
Verlauf, Prognose In der Regel erfolgt eine völlige Heilung, nur selten bleibende neurologische Schäden. Die Sterblichkeit liegt bei ZNS-Beteiligung zwischen ein bis zwei Prozent.
Vorsichtsmaßnahmen (Prophylaxe) Schutzimpfung, Expositionsprophylaxe, also Schutz vor Zeckenbissen bzw. die sofortige sachgerechte Entfernung der Zecke.

Ursachen/Erreger
FSME wird durch eine Virusinfektion mit FSME-Viren ausgelöst.
Das FSME-Virus ist ein RNA-Virus, welches zur Gattung der Flaviviren (flavus=gelb) gehört.
Das Virus ist ca. 45 nm (1 nm = 10-9 m) groß, sein aus einem RNA-Einzelstrang bestehendes Erbmaterial ist von einer Lipidhülle (Lipide=Fette) umgeben. Es vermehrt sich in der Wirtszelle. Die reifen Viren gelangen dann an die Zelloberfläche der Wirtszelle, wo sie ausgeschleust werden und ins Blut gelangen (Virämie).

Das FSME-Virus wird zu den so genannten Arboviren gezählt. Die Bezeichnung "Arbo" leitet sich ab von "arthropod-borne", was "von Gliederfüßlern (Insekten, Spinnentiere) übertragen" bedeutet. Hierzu zählen nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) all jene Viren, die sich sowohl in Wirbeltieren, zu denen auch der Mensch gehört, als auch in Gliederfüßlern vermehren können und durch blutfressende Gliederfüßler (meist Stechmücken oder Zecken) übertragen werden. Zu den etwa 400 bekannten Arboviren gehören neben dem FSME-Virus auch die Erreger von Dengue-Fieber, Gelbfieber, Japan-Enzephalitis und West-Nil-Fieber.
Das Erregerreservoir sind in erster Linie Kleinsäuger (hauptsächlich Mäuse) aber auch Vögel, Rehe und Rotwild.

Übertragungswege
FSME wird durch den Stich bzw. Biss infizierter Zecken ausgelöst. Zecken sind Parasiten, die sich vom Blut ihrer Wirtstiere ernähren. Selbst in den Risikogebieten sind aber nur wenige Zecken infiziert, ein Zeckenstich muss also nicht notwendigerweise zu einer Virusübertragung führen. Man nimmt an, dass etwa ein bis zehn Prozent der Zecken in den Endemiegebieten das Virus tragen. Die Zecke selbst infiziert sich bei Wirtstieren, in erster Linie bei Mäusen und anderen Kleinsäugern, aber auch bei anderen Tieren, die das Erregerreservoir darstellen. Das Virus verbleibt vermutlich in den Speicheldrüsen der Zecke und wird beim Vorgang des Blutsaugens unmittelbar übertragen. Eine schnelle Entfernung der Zecke kann eine Infektion deshalb nicht sicher verhindern, dennoch geht man davon aus, dass das Risiko mit der Länge des Saugakts zunehmen kann.
Sehr selten kann das Virus auch über Rohmilch bzw. Rohmilchprodukte von Ziegen und Schafen, in Ausnahmefällen auch von Kühen, übertragen werden. Diese Übertragungsart spielt vor allem in osteuropäischen Ländern eine Rolle.

Inkubationszeit
Die Inkubationszeit der FSME, also die Zeit zwischen dem Biss und den ersten Symptomen, beträgt in der Regel ein bis zwei Wochen, in Ausnahmefällen auch bis zu 28 Tage.

Anzeichen, Symptome
Ein Stich einer infizierten Zecke führt nur bei etwa einem Drittel der Betroffenen auch zu einer klinisch manifesten Erkrankung. Nach Ausbruch der Krankheit ist ein zweiphasiger Verlauf typisch. Der Beginn der Erkrankung ist durch grippeartige Beschwerden gekennzeichnet. Typisch sind Schwäche, mäßiges Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Schwindelgefühl, Übelkeit und gelegentlich Erbrechen.Bei einem Teil der Betroffenen, wobei die Angaben zwischen zehn und 30 Prozent schwanken, kommt es nach einem fieberfreien Intervall von etwa einer Woche, in Einzelfällen bis zu 20 Tage, zu einem erneuten Fieberanstieg und zu einer Beteiligung des zentralen Nervensystems in Form einer Meningitis (Entzündung des Gehirns) bzw. Meningoenzephalitis (Entzündung von Gehirn und Hirnhäuten). Bei starkem Krankheitsgefühl leiden die

Betroffenen häufig unter Übelkeit und Erbrechen. Auch starke Kopfschmerzen, Lichtempfindlichkeit, Nackensteifigkeit, psychische Veränderungen, Verwirrtheit, Zittern, Lähmungen oder ein Bewusstseinsverlust können im Rahmen dieser zweiten Phase auftreten.
Schwere Verläufe werden beinahe ausnahmslos bei Erwachsenen beobachtet, während Kinder und Jugendliche eher leicht erkranken. Besonders bei älteren Personen kann es zu einer Mitbeteiligung des Rückenmarks kommen, wobei die Gefahr von langfristigen neurologischen Ausfällen, wie Lähmungen aber auch Anfallsleiden sowie andauernde Kopfschmerzen, besteht.

Diagnose
Zu Beginn ist die Infektion unspezifisch und kann mit einer "Sommergrippe" verwechselt werden. In der zweiten Phase muss sie von anders ausgelösten Entzündungen von Gehirn und Hirnhäuten sowie von der Poliomyelitis abgegrenzt werden. Auch die Lyme-Borelliose, eine ebenfalls von Zecken übertragene bakterielle Infektionskrankheit, zählt zu den Differentialdiagnosen.

Wichtig ist die genaue Erhebung der Krankengeschichte im Hinblick auf Zeckenstiche und den möglichen Aufenthalt des Patienten in Risikogebieten. Gesichert wird die Diagnose durch eine weiterführende Diagnostik, wobei typischerweise ein labormedizinischer Nachweis von Antikörpern im Blut oder im Liquor (Gehirnflüssigkeit) erfolgt. Zu Beginn der Erkrankung kann auch ein direkter Virusnachweis erfolgen.

Behandlung/Therapie
Es gibt bisher keine spezifische Therapie gegen FSME, die Erkrankung wird deshalb symptomatisch behandelt. Neben Bettruhe können dabei schmerzlindernde, krampflösende und beruhigende Medikamente eingesetzt werden. Ist das Nervensystem betroffen sollte der Patient konsequent überwacht werden.

Alternative Behandlungsmöglichkeiten
Es sind keine wirksamen alternativen Behandlungsmöglichkeiten bekannt.

Verlauf, Prognose
Kinder und Jugendliche erkranken in der Regel nur leicht und genesen vollständig. Schwere Verläufe werden so gut wie ausschließlich bei Erwachsenen und mit steigendem Alter immer häufiger beobachtet.
Doch auch schwer verlaufende Krankheiten heilen in der Mehrzahl der Fälle folgenlos aus. Neurologische Folgeschäden wie Lähmungen, Krampfanfälle oder dauerhafte Kopfschmerzen werden in etwa 10 Prozent dieser Fälle beobachtet. Bei etwa ein bis zwei Prozent der Erkrankten führt die Erkrankung zum Tode.

Vorkommen
FSME-Infektionen kommen in Europa und Asien vor. Die Endemiegebiete liegen in Mittel- und Osteuropa, im südlichen Skandinavien sowie in Russland, China und Japan.
Betroffene europäische Länder sind im Einzelnen Albanien, Bosnien, Bulgarien , Dänemark, Deutschland (Süddeutschland), Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, das ehemalige Jugoslawien, Lettland, Litauen, Moldawien, Norwegen, Österreich, Polen, Rumänien, Russland, Schweden, Schweiz, Serbien, Slowenien, Tschechien, die Ukraine, Ungarn und Weißrussland.
Dabei spielt FSME vor allem in Deutschland, Österreich, Polen, Ungarn, Russland, Tschechien, der Slowakei, Kroatien, Estland, Lettland, Litauen, Schweden und Finnland eine große Rolle.
In Italien, Griechenland, Dänemark und Norwegen hingegen spielt die Erkrankung nur eine untergeordnete Rolle.
In Großbritannien, in Irland, Spanien, Portugal und den Beneluxstaaten kommt das Virus bislang nicht vor.

Risikogebiete in Deutschland finden sich derzeit in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen.
Das Erkrankungsrisiko in den gefährdeten Gebieten ist von der Jahreszeit abhängig, da Zecken erst bei Temperaturen ab acht bis zehn Grad aktiv werden. In Deutschland ist deshalb in den Monaten zwischen März und November von einem Risiko auszugehen. Erkrankungsgipfel finden sich im Frühjahr und in den Sommermonaten Juni, Juli und August. Gelegentlich wurde auch ein Anstieg im Herbst registriert. Zecken liebe Wärme und Feuchtigkeit. Sie sind deshalb besonders an warmen Tagen und beispielsweise nach einem Sommerregen sehr aktiv. Ihre bevorzugte Tageszeit ist der Nachmittag bis in die Nacht.

Die krankheitsübertragenden Zecken kommen primär in Wäldern und landwirtschaftlichen Gebieten vor. Sie halten sich dabei bevorzugt in Gestrüpp, hohem Gras und Laub in Knie bis Hüfthöhe auf. In Ausnahmefällen können sie auch höhere Plätze erreichen, die weit verbreitete Annahme, Zecken würden sich von Bäumen auf ihre Opfer herabfallen lassen, ist jedoch ein Irrglaube.

Risikogruppen, Häufigkeit
Gefährdet sind generell alle Personen, die sich in den Risikomonaten in ländlichen und Waldregionen der Endemiegebiete aufhalten. Neben den beruflich exponierten Personen wie Wald- und Landarbeiter, Förster oder Jäger, bei denen die Erkrankung durch die verfügbare Schutzimpfung seltener geworden ist, sind vor allem Menschen, die sich in ihrer Freizeit oder beim Sport in den Risikogebieten aufhalten betroffen.Erwachsene, insbesondere ältere Menschen, haben ein höheres Risiko schwerer Verläufe, wohingegen Kinder und Jugendliche seltener und in der Regel nur leicht erkranken.
Es kommt in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu einigen Hundert Infektionen pro Jahr. Im Jahr 2012 waren es in Deutschland z.B. 195 gemeldete Fälle.

Vorsichtmaßnahmen/Prophylaxe
Gegen die FSME steht eine wirksame Schutzimpfung für Kinder und Erwachsene zur Verfügung. Sie ist unter Beachtung der Gegenanzeigen für alle Personen, die sich in den Endemiegebieten viel im Freien bewegen, empfehlenswert. Die Grundimmunisierung wird in drei Teilimpfungen vorgenommen. Das normale Schema sieht im Anschluss an die erste Injektion Folgeimpfungen nach ein bis drei sowie nach neun bis zwölf Monaten vor. Der Impfschutz ist etwa zwei Wochen nach der zweiten Teilimpfung zuverlässig wirksam und besteht etwa drei bis fünf Jahre. Es sollten alle drei Jahre Auffrischimpfungen erfolgen.
Alternativ kann die Grundimmunisierung auch nach einem Kurzschema mit Folgeinjektionen am siebten und am 21. Tag erfolgen, der Schutz besteht dann schneller, er hält aber auch nicht so lange vor. Nach zwölf bis 18 Monaten sollte der Impfschutz aufgefrischt werden.

Neben der Impfung sollte man sich vor Zeckenbissen schützen. Dies ist übrigens im Hinblick auf die Lyme-Borelliose, eine ebenfalls durch Zecken übertragene Erkrankung, die nicht nur in bestimmten Regionen vorkommt, auch außerhalb der Risikogebiete ratsam.
Dazu gehört geeignete, geschlossene Kleidung, die den Körper so weit wie möglich bedeckt. Hohe Wanderstiefel sind im Hinblick auf die im Gras sitzenden Parasiten günstig, darüber hinaus ist es gut, die Hose in die Socken zu stecken, damit den ungebetenen Gästen der Weg auf die Haut so schwer wie möglich gemacht wird. Helle Farben haben den Vorteil, da man Zecken darauf besser erkennen kann, die auf der Suche nach einer geeigneten Einstichstelle in der Regel noch eine Weile herumkrabbeln.

Der Aufenthalt in hohem Gras und Gestrüpp sollte vermieden werden, da sich die Zecken dort im Vorbeigehen von ihrem Platz abstreifen lassen. Zeckenabweisende Mittel helfen, die Parasiten für eine begrenzet Zeit fernzuhalten, absolute Sicherheit bieten aber auch diese nicht.
Nach der Heimkehr sollte der Körper unbedingt nach Zecken abgesucht und diese sofort entfernt werden. Zecken bevorzugen dabei Stellen mit dünner, feuchter und warmer Haut, sie sind deshalb besonders oft zwischen den Beinen, in den Kniekehlen, unter den Armen, im Nacken und am Haaransatz zu finden. Treten im Anschluss an den Stich Krankheitssymptome auf, sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden.

Naturheilkundliche Vorsichtsmaßnahmen, Ernährung
Es sind keine naturheilkundlichen Vorsichtsmaßnahmen oder eine Vorbeugung durch eine spezielle Ernährung bekannt.