Allgemeines
Die Wiesenotter bzw. Steppenotter (Vipera ursinii) - auch als Ungarische Wiesenotter bezeichnet - ist eine der kleinsten und auch ungefährlichsten europäischen Vipern. Sie kommt nur noch "inselartig" in den Steppengebieten von Ungarn und Rumänien vor.
Sie steht unter strengem Naturschutz und ist vom Aussterben bedroht. Ihren Namen erhielt diese Unterart nach dem Rákosfeld - einer großen Ebene, die östlich von Budapest liegt. Das Rákosfeld, auf dem bis ins 16. Jahrhundert hinein ungarische Reichstage abgehalten wurden, hat seinen Namen von dem kleinen Fluss Rákos, der bei Budapest in die Donau mündet. Die Gebiete, in denen diese Schlangen-Unterart vorkommt, sind mittlerweile oft eingezäunt und werden sogar bewacht. Daher sollte dem Tier mit besonderem Respekt begegnet werden, und es im Falle einer Begegnung absolut in Ruhe gelassen werden. Von der Art Vipera ursini existieren die folgenden Unterarten:
- Vipera ursinii macrops
- Vipera ursinii moldavica
- Vipera ursinii rakosiensis
- Vipera ursinii ursinii
In diesem Beitrag wird die Unterart Vipera ursinii rakosiensis vorgestellt.
Systematische Einteilung
Familie | Vipern (Viperidae) |
---|---|
Gattung | echte Ottern (Vipera) |
Art | Wiesenotter (Vipera ursinii) |
Unterart | Ungarische Wiesenotter (Vipera ursinii rakosiensis) |
Ausländische Bezeichnungen
- Englisch: Orsini´s Viper
- Französisch: Vipère d´Orsini
- Italienisch: Vipera di Orsini
Aussehen, Verhalten
Die Ungarische Wiesenotter bzw. Steppenotter Vipera ursinii rakosiensis besitzt eine Länge von etwa bei 40 bis 70 cm und ist damit die größte der bekannten Unterarten. Ihre Grundfärbung ist beige bis hellbraun - selten grau - mit einem Zackenmuster vergleichbar dem der Kreuzotter. Aber das stets geschwungene und an den Ecken abgerundete Band auf dem Rücken unterscheidet sie von der Kreuzotter. Für den Laien sind diese beiden Schlangen aber dennoch schwer zu unterscheiden. Ihr relativ kleiner Kopf ist kaum vom Hals abgesetzt. Diese Schlange gilt als sehr schön und vor allem als nicht aggressiv. Ihr Biss ist nur bei einer unmittelbaren Berührung, von der sie sich bedroht fühlt, zu erwarten. Das Tier ernährt sich gelegentlich von Eidechsen, selten von Kleinsäugern. Aber hauptsächlich verspeist sie Heuschrecken. Sie ist lebend gebärend und bringt 5 bis 10 Jungtiere zur Welt. In den Gebieten ihres Vorkommens ist die Schlange eher tagaktiv.
Vorkommen
Die Wiesenotter ist in Europa eine der am meisten gefährdeten Schlangenarten, die derzeit noch in Mittelitalien, dem südlichen Balkan, Ungarn und Westfrankreich vorkommt, wobei die Populatio-nen in Ungarn, Bulgarien und Frankreich kurz vor dem Aussterben stehen. Der Grund dafür ist vor allem die Trockenlegung von Feuchtwiesen durch die Menschen. Die vier Unterarten findet man in folgenden Ländern.
- Vipera ursinii ursinii kommt in Mittelitalien vor
- Vipera ursinii macrops findet man in einigen Ländern des Balkans
- Vipera ursinii rakosiensis, die hier beschriebene Ungarische Wiesenotter findet man in Ungarn und Rumänien
- Vipera ursinii moldavica findet man in Rumänien, Bulgarien und Moldawien
Die Schlange bevorzugt niederes Buschwerk oder mit Gras bewachsenes Gelände, warme, trockene Gebiete wie steinige, buschbewachsene Hänge oder Waldränder. Wiesenottern trifft man auch im kühleren Gebirge bis auf eine Höhe bis etwa 2.000 m, selten höher.
Vermeidung eines Bisses
Gebiete, in denen diese Schlange vorkommen kann, sollten nur mit festem und hohem Schuhwerk begangen werden. Beim Klettern darf nicht in Felsspalten u.ä. gefasst. Beim Su-chen von Pilzen und Beeren nicht ohne besondere Vorsicht in Gebüsche, Sträucher o.ä. greifen. Eventuell mit einem Stock diese vorher vorsichtig abklopfen. Beim Laufen ist fest aufzutreten. Das Tier sollte nicht gereizt und auf keinen Fall sollte im Falle einer Begegnung versucht werden, es zu fangen oder gar zu töten, womit man sich zudem strafbar macht. Bei einer Begegnung auf Abstand bleiben bzw. sich vorsichtig entfernen und sich über die sehr seltene Begegnung erfreuen. Aus einer Entfernung von ca. 2 m kann man zudem die Schlange fotografieren
Art des Giftes
Das Gift ist relativ schwach und für den Menschen eher wenig gefährlich. Die Schlange tötet damit kleine Lebewesen wie z.B. Mäuse, Heuschrecken oder Eidechsen. Probleme könnten allenfalls bei einer allergischen Reaktion auf das injizierte Gifteiweiß entstehen, derartige Reaktionen können sogar zu einem lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock führen. Aber das kann auch bereits bei einem Bienenstich erfolgen.
Folgen eines Bisses
Oft kommt es nur zu lokalen Vergiftungserscheinungen, wobei die Schmerzen in der Regel nicht allzu stark sind, dahingegen tritt etwa in den ersten zwei Stunden nach einem Biss re-gellmäsig eine Schwellung auf, die sich mehr oder minder schnell ausbreiten kann. Zu den sehr seltenen allgemeinen Vergiftungserscheinungen zählen Übelkeit, Erbrechen, Herzklopfen, Krämpfe, eventuell Schwindel und eine Trübung des Bewusstseins. Trotz der geringen Giftigkeit sollte sich die gebissene Person schonen und keine körperlichen Aktivitäten vornehmen. Dabei sollte eine weitere Person die gebissene Person eine Zeit lang beobachten. Auch das Hinzuziehen eines Arztes ist sinnvoll, da die Reaktionen auf einen Biss sicherlich um einiges heftiger sind, als z.B. nach einem Bienen- oder Wespenstich.
Gegenserum (Antiserum)
Wegen der geringen Giftigkeit existiert kein spezielles Antiserum. Die Anwedung polyvalenter Antiseren ist wegen der größeren Gefahr einer möglichen allergischen Schockreaktion nicht zu empfehlen.
Erste Hilfe
Die allgemeinen Regeln, wie man sich bei einem Schlangenbiss zu verhalten hat, sind bereits in unserer allgemeinen Einleitung über Schlangen dargestellt worden. Sie gelten auch für einen Biss durch diese Schlange. Der Übersichtlichkeit halber sind sie hier nochmals dargestellt:
- Ruhe bewahren, sowohl körperlich wie auch psychisch, zumal ein Biss nicht gefährlich ist
- darauf achten, ob sich Symptome einer Vergiftung zeigen, z.B. an der Bissstelle
- die Gabe von Flüssigkeit ist sinnvoll, aber nur in Form von Wasser, Säften und nicht als Alkohol oder Kaffee
- die gebissene Person sollte zur Kontrolle einen Arzt aufsuchen
- das Aussaugen der Bisswunde hat sich als nicht sinnvoll erwiesen
- das Ausschneiden der Bisswunde verschlimmert möglicherweise die Giftwirkung und ist überflüssig
Das Anlegen eines Immobilisierungs-Druckverbandes ist nach einem Biss dieser Schlange unnötig und nicht empfehlenswert - würde aber auch kaum schaden.
Prognose
Sofern es nicht zu einer allergischen Schockreaktion kommt, sind keine größeren und bedrohlichen vor allem längerfristige Auswirkungen zu erwarten. Dennoch sollte man sich nach einem derartigen Biss eine Zeit lang unter ärztliche Aufsicht begeben, das kann beispielsweise eine Liege in einer Arztpraxis sein. Gefährlich werden könnten aber gar nicht so seltene extreme Angstzustände nach einem Biss werden, daher spielt ein beruhigendes Zureden und die Gegenwart z.B. eines Arztes eine wichtige Rolle.
Zusammenarbeit
Seit Anfang September 2008 arbeiten wir mit der folgenden sehr bedeutenden österreichischen Schlangenfarm zusammen, die wir häufiger besucht haben:
Reptilienzoo Nockalm
Eigentümer: Peter Zürcher
Vorwald 83
9564 Patergassen
Österreich/Kärnten
Mobil: 0043 - 676 - 734 4 270
Der Reptilienzoo – idyllisch an einem Hang im Bundesland Kärnten gelegen - beherbergt eine große Anzahl der verschiedensten giftigen Schlangenarten und -Unterarten, von den Kobras über Klapperschlangen, Kreuzottern, Aspisvipern bis hin zu Puffottern und Mambas - um nur einige zu nennen. Aber auch einige ungiftige Schlangen wie eine Königsnatter oder Boa wer-den hier gehalten. Er ist einer der größten Reptilienzoos Europas. Ein Besuch eignet sich so-wohl für Einzelbesucher wie auch für Familien oder Schulklassen. Der Zoo liegt ca. 40 km von Villach in Richtung Kleinkirchheim entfernt.
Öffnungszeiten, Eintrittspreise
Die Öffnungszeiten, Eintrittspreise und weitere Informationen finden Sie unter folgender Webadresse:
www.reptilienzoonockalm.at
Giftnotruf-Zentralen in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Giftnotruf-Zentralen, die auch vom Ausland au 24-stündig erreichbar sind:
Giftnotruf-Zentralen in Deutschland
Berlin
Giftnotruf der Charitè
Campus Benjamin Franklin
Hindenburgdamm 30
12203 Berlin
Tel: 0049 - (0)30 - 19 240
Email: berlintox@giftnotruf.de
Web: www.giftnotruf.de
Bonn
Informationszentrale gegen Vergiftungen der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität
Zentrum für Kinderheilkunde
Adenauerallee 119
53113 Bonn
Tel.: 0049 - (0)228 – 19 240
Erfurt
Gemeinsames Giftinformationszentrum der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
Nordhäuser Straße 74
99089 Erfurt
Tel.: 0049 - (0)361 - 73 07 30
Freiburg
Universitätskinderklinik, Informationszentrale für Vergiftungen
Mathildenstraße 1
79106 Freiburg
Tel.: 0049 - (0)761 - 19240 im Notfall
oder 0761 - 27 04 361 für allgemeine Anfragen
Göttingen
Giftinformationszentrum-Nord
Georg-August-Universität
Robert-Koch-Straße 40
37075 Göttingen
Tel.: 0049 - (0)551 - 19 240 für alle
und 0551 - 38 31 80 für Ärzte
Homburg/Saar
Informations- und Beratungszentrum für Vergiftungsfälle an den Universitätskliniken,
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
66421 Homburg/Saar
Tel.: 0049 - (0)6841 - 19 240
Mainz
Beratungsstelle bei Vergiftungen
Johannes-Gutenberg-Universität, II. Medizinische Klinik und Poliklinik, Klinische Toxikologie
Langenbeckstraße 1
55131 Mainz
Tel.: 0049 - (0)6131 - 19 240
München
Giftnotruf und Mobiles Gegengift-Depot
Toxikologische Abteilung der II. Medizinischen Klinik rechts der Isar
Ismaninger Straße 22
81675 München
Tel.: 0049 - (0)89 - 19 240
Giftnotruf-Zentrale in Österreich
Vergiftungsinformationszentrale, Allgemeines Krankenhaus
Währinger Gürtel 18-20
1090 Wien
Tel.: 0043 - (0)1 - 43 43 43 - im Notfall
Tel.: 0043 - (0)1 - 40 40 02 222 - allgemeine Auskünfte
Giftnotruf-Zentrale in der Schweiz
Schweizerisches Toxikologisches Informationszentrum
Freiestrasse 16
CH-8032 Zürich
Tel.: 0041 - (0)44 - 251 51 51 - für Notfälle außerhalb der Schweiz
Tel.: 0041 - (0)44 - 251 66 66 - allgemeine Auskünfte
Tel.: Aus der Schweiz (Notruf): 145
E-Mail: info@toxi.ch
Abendlied
Etwas Tröstliches und zu dieser Schlange passend. ist vielleicht das Gedicht "Abendlied“ von Matthias Claudius (1740-1815), das von Johann Abraham Peter Schulz (1747-1800) vertont wurde. Claudius hatte Freunden von einer Begegnung mit der Schlange berichtet, von der er fasziniert gewesen sein soll. Die erste der insgesamt sieben Strophen des Gedichts lautet wie folgt:
Der Mond ist aufgegangen,
Die goldnen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar;
Der Wald steht schwarz und schweiget,
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar.
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