Südliche Vogelnatter, Thelotornis capensis

Allgemeines

Die Nattern (Colubridae) gelten als die artenreichste Gruppe der höher entwickelten Schlangen. Sie umfasst etwa 11 Unterfamilien, 290 Gattungen und über 2.000 Arten und Unterarten, damit umfassen die Nattern etwa zwei Drittel bis drei Viertel aller Schlangen. Die meisten Nattern sind für den Menschen ungefährllich.

Die hier vorgestellte Südliche Vogelnatter ist jedoch nicht zuletzt deswegen so extrem gefährlich, da es bisher kein wirksames Antiserum gibt und der Tod meist nach einigen Tagen eintritt, ohne dass man etwas dagegen tun kann. So wurde z.B. der sehr bekannte deutsche Herpetologe Prof. Robert Mertens 1975 in Deutschland von seiner bei ihm gehaltenen Vogelnatter (Thelotornis capensis) gebissen und ist später an inneren Blutungen daran verstorben. Von der Gattung Thelotornis gibt es die folgenden drei Arten:
- Thelotornis capensis
- Thelotornis kirtlandii
- Thelotornis usambaricus

Die Südliche Vogelnatter Thelotornis capensis besitzt die folgenden vier Unterarten:

  • Thelotornis capensis capensis
  • Thelotornis capensis mossambicanus
  • Thelotornis capensis oatesi
  • Thelotornis capensis schilsi

Systematische Einteilung

Familie Nattern (Colubridae)
Unterfamile eigentliche Nattern (Colubrinae)
Gattung Vogelnatter (Thelotornis)
Art Südliche Vogelnatter (Thelotornis capensis)

Ausländische Bezeichnungen

  • Englisch: Twig snake; Vine snake
  • Französisch:

Aussehen, Verhalten

Diese Schlangenart erreicht eine Länge zwischen rund 60 cm bis 100 cm. Sie wirkt auffallend schlank. Ihre Färbung reicht von grau bis graubraun, mit rosa oder schwarzen Querbinden und Flecken. Der Oberteil des Kopfes, der sich kaum vom Körper des Tieres absetzt, besitzt eine blaugrüne Färbung, die durch rosa und schwarze kleine Flecken unterbrochen ist. Die Augen haben schlüssellochförmige waagerechte Pupillen. Die Schlangenart besitzt eine orange gefärbte Zuge mit schwarzen Spitzen, mit der sie angeblich Insekten nachahmt und damit Eidechsen - ihre bevorzugte Nahrung - anlockt. Das Tier kann sich hervorragend tarnen und in völliger Bewegungslosigkeit auf ihr Opfer warten. Bei einer Störung kann sie als Abwehrverhalten ihre Halsregion aufblähen.

Auf ihrer Speisekarte stehen Chamäleons und andere kleinere Echsen sowie Vögel. Die Schlange ist tagaktiv und vermehrt sich durch das Legen von etwa 4-12 Eiern.

Vorkommen

Die Schlangenart kommt mit ihren vier Unterarten in den folgenden Ländern vor:

Angola
Botswana
Demokratische Republik Kongo
Kenia
Malawi
Mosambique
Namibia
Republik Südafrika
Sambia
Simbabwe
Somalia
Swasiland
Tansania

Sie lebt bevorzugt in Savannen oder Küstenbiotopen und dort auf Bäumen oder Büschen.

Vermeidung eines Bisses

Da sich diese Schlangenart zumeist in Bäumen und in Gebüschen aufhält und außerdem sehr gut getarnt und bewegungslos auf Beute lauert und daher schwer zu erkennen ist, kann man sich nur schwer effektiv vor einen Biss schützen. Dennoch sollte, nicht zuletzt wegen der intensiven Sonneneinstrahlung im Gebiet ihres Vorkommens, eine breite bis weit in den Nacken reichende Kopfbedeckung getragen werden. Schultern und Arme sollte ebenfalls durch weite Kleidung geschützt werden. Ansonsten kann nur geraten werden, beim Wandern durch mit Bäumen oder höherem Gebüsch bewachsenem Gebiet äußerste Vorsicht walten zu lassen.

Art des Giftes

Das Gift dieser Schlange ist ein hochwirksames, das Gerinnungssystem des Blutes schädigendes Eiweiß. Es aktiviert das Prothrombin (Faktor II des Blutgerinnungssystems). Aber die Art der Aktivierung des Prothrombins unterscheidet sich von den sonstigen Arten von ähnlichen Schlangengiften, sodass es bisher kein Antiserum gibt, das diese Aktivierung des Prothrombins ursächlich bekämpft (hemmt).

Das aktivierte Prothrombin führt über verschiedene Zwischenschritte zu dem Thrombin, das durch Abspaltung der Fibrinpeptide A und B vom Fibrinogen, dem Faktor I der Blutgerinnung, das Fibrin bildet. Das Fibrin ist ein hochmolekulares und wasserunlösliches Protein (Eiweiß), das zahlreiche Quervernetzungen besitzt und das Endprodukt der Blutgerinnung darstellt.

Dieser Blutgerinnungsprozess durch das Schlangengift kann so weit gehen, bis das Blut so gut wie ungerinnbar geworden ist. Man spricht dann von einer Verbrauchskoagulopathie, die ansonsten hin und wieder bei schweren Operationen auftritt. Durch diesen Blutgerinnungs-Mechanismus können in der Niere Fibrin-Moleküle abgelagert werden, was in Abhängigkeit von deren Anzahl zu einem Nierenversagen führen kann.

Folgen eines Bisses

Die lokalen Symptome bestehen in einer Schwellung der gesamten gebissenen Extremität. Später treten Schleimhautblutungen, wie Zahnfleisch- und Nasenbluten auf. Danach kommt es zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Kopfschmerzen zu blutigem Stuhl, Bluterbrechen - bis hin zum Koma. In der Regel wird das gesamte Gerinnungssystem des Blutes zerstört, sodass es zu einer Ungerinnbarkeit des Blutes (Verbrauchskoagulopathie) kommt. Die Folgen können starke unstillbare innere Blutungen mit der Folge von blutigem Erbrechen, Blutstuhl, einem Nierenversagen und Blutungen ins Gehirn sein. Es kann zu lebensbedrohenden Situationen kommen.

Therapiemöglichkeiten

Obwohl das Gift ähnliche Symptome bei der Blutgerinnung wie das der Boomslang hervorruft, wird es doch nicht durch das Boomslang-Antiserum nachhaltig beeinflusst. Bei einem Nierenversagen muss der Patient an eine Dialyse angeschlossen werden, auch eine Bluttransfusion sollte in Erwägung gezogen werden. Dabei ist der Patient für einige Tage auf Gerinnungs- Störungen zu überwachen . Da es kein wirksames Antiserum gibt, kann nur eine symptomatische Behandlung der Blut- Gerinnungsstörung durch Gerinnungsfaktoren- und Thrombozytensubstitution vorgenommen werden.

Gegenserum (Antiserum)

Es existiert kein wirksames Antiserum gegen das Gift der Gattung der Vogelnattern. Einer der Gründe dafür ist sicherlich, dass es nur sehr selten zu nachgewiesenen Bissunfällen kommt und eine Herstellung daher absolut nicht lohnend ist. Es ist daher nur eine symptomatische Behandlung möglich.

Erste Hilfe

Die allgemeinen Regeln, wie man sich bei einem Schlangenbiss zu verhalten hat, sind bereits in unserer allgemeinen Einleitung über Schlangen dargestellt worden. Sie seien der Übersichtlichkeit halber hier nochmals erklärt:

  • unbedingt Ruhe bewahren, sowohl körperlich wie auch psychisch. Falls vorhanden, ist die Gabe eines Beruhigungsmittels empfehlenswert
  • die gebissene Extremität ruhig stellen, den Arm in eine Schlinge legen und das Bein möglichst schienen.
  • sofern es irgendwie möglich ist, sollte die gebissene Person im Liegen transportiert werden
  • die Schlange identifizieren
  • darauf achten, ob sich Symptome einer Vergiftung zeigen
  • die Gabe von Flüssigkeit ist sinnvoll, aber nur in Form von Wasser, Säften und nicht als Alkohol oder Kaffee
  • alle Möglichkeiten ausschöpfen, dass die gebissene Person schnellstens professionelle Hilfe bekommt
  • das Aussaugen oder Ausbrennen der Bisswunde hat sich als nicht sinnvoll erwiesen
  • das Ausschneiden der Bisswunde verschlimmert möglicherweise die Giftwirkung, da es z.B. bei Gerinnungsstörungen zu unkontrollierten Blutungen kommen kann
  • auch das Kühlen mit Eis hat sich als wirkungslos und teilweise sogar schädlich erwiesen. Durch starkes Kühlen können sich bildende Gewebsnekrosen verstärkt werden und es kann zu Durchblutungsstörungen kommen

Das Anlegen eines Immobilisierungs-Druckverbandes wird nach einem Biss dieser Schlange empfohlen.

Prognose

Ohne eine intensiv-medizinische Behandlung ist durchaus mit dem Tod zu rechnen. Wegen der geringen dokumentierten Anzahl von Bissunfällen existiert aber keine vernünfte bzw. verlässliche Statistik dazu.

Zusammenarbeit

Seit Anfang September 2008 arbeiten wir mit einer sehr bedeutenden österreichischen Schlangenfarm zusammen. Hier wurden auch die obigen Abbildungen erstellt.

Reptilienzoo Nockalm
Eigentümer: Peter Zürcher
Vorwald 83
9564 Patergassen
Österreich/Kärnten
Mobil: 0043 - (0)676 - 3747 807

Der Reptilienzoo - idyllisch im Bundesland Kärnten gelegen - beherbergt eine große Anzahl der verschiedensten Schlangen, von den Kobras über Klapperschlangen, Kreuzottern, Aspisvipern bis hin zu Puffottern und Mambas - um nur einige zu nennen. Der Zoo eignet sich sowohl für Einzelbesucher wie auch für Familien oder Schulklassen.
Er liegt ca. 40 km von Villach in Richtung Kleinkirchheim entfernt.

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