Wilhelmshaven: Geschichte

Bis 1871

Das Gebiet der heutigen Stadt Wilhelmshaven wurde ursprünglich von den Friesen besiedelt. Bis zum Landkauf durch das Königreich Preußen befanden sich auf dem heutigen Kernstadtbereich die beiden landwirtschaftlich geprägten Kirchspiele Heppens und Neuende, die zum Großherzogtum Oldenburg gehörten.

Jadevertrag
Preußen hatte seit 1852 - nicht zuletzt auf Betreiben des Prinzen Heinrich Wilhelm Adalbert von Preußen (1811-1873) - damit begonnen, seine Flotte auszubauen. Dafür wurde ein geeigneter Standort an der Nordsee gesucht, zu dem Preußen infolge des Wiener Kongresses keinen Zugang mehr hatte. Im Jade-Vertrag vom 20. Juli 1853 zwischen Preußen und dem Großherzogtum Oldenburg war die Abtretung eines 340 ha großen Gebietes am Westufer der Innenjade und am Nordwestufer des Jadebusens vereinbart worden. Die Übernahme des Gebiets erfolgte am 23. November 1854 in Anwesenheit des Prinzen von Preußen.
In der Folge waren hier den folgenden Jahren der Marinestützpunkt und die Stadt Wilhelmshaven entstanden.

Mit der Planung für den Bau eines Marinestützpunktes hatte die preußische Admiralität den Geheimrat Gotthilf Heinrich Ludwig Hagen - einem Fachmann auf dem Gebiet des Wasserbaus - beauftragt. Seine Pläne wurden - mit einer Reihe von Änderungen - im folgenden Jahrzehnt umgesetzt und bestimmen noch heute den Grundriss des Stadtkerns.

Seinen Namen erhielt Wilhelmshaven im Juni 1869 durch König Wilhelm I. von Preußen (1797-1888), den späteren Kaiser Wilhelm I. In einer Urkunde wurde dieser Name bei der Einweihung der Elisabethkirche - der heutigen Christus- und Garnisonkirche - am 17. Juni 1869 im Grundstein der Kirche eingemauert.

Im Jade-Vertrag hatte sich Preußen verpflichtet, dass sich nur Marineangehörige hier niederlassen durften einschließlich der Zivilpersonen, die direkt mit dem Bau des Hafens oder mit der Versorgung der Schiffe zu tun hatten.

Die ersten Marinebauten waren die Lotsenhäuser an der Manteuffelstraße. Aber im Laufe der Zeit wurde diese Vereinbarung immer mehr aufgeweicht und es entstanden zunehmend auch Wohnanlagen für andere Personen.

Nach 1871 bis 1900

Nach der Gründung des deutschen Kaiserreiches 1871 wurden Wilhelmshaven und Kiel so genannte Reichskriegshäfen. Und nur wenig später im Jahr 1873 erhielt Wilhelmshaven die Stadtrechte. Wilhelmshaven gehörte als Exklave zum damaligen Landkreis Wittmund und damit zur seit 1866 preußischen Provinz Hannover. Zwischen 1873 und 1886 wurde der Hafen stark erweitert, was auch dazu führte, dass die Bevölkerung im Jadegebiet stak wuchs.

Nachdem Wilhelm II. (1859-1941) - ein großer Freund der Kriegsmarine - im Jahr 1888 als Nachfolger von Friedrich III. (1831-1888) deutscher Kaiser wurde, nahm der Aufstieg von Wilhelmshavens erheblich zu. Admiral Alfred von Tirpitz - seit 1898 Leiter des Reichsmarineamtes - legte ein Konzept zum Aufbau einer deutschen Hochseeflotte (Tirpitzplan) vor. Seine Vorstellungen wurden durch die vom deutschen Reichstag beschlossenen Flottengesetze von 1898 und 1900 gesetzlich verankert.

Der Hafen und die Werften von Wilhelmshaven wurden aufgrund dieser Gesetze weiter ausgebaut und führten zu einer erheblichen Aufstockung des Personals und der Anzahl der hier stationierten Schiffe.

Im 20. Jahrhundert

Das Zweite Flottengesetz vom 14. Juni 1900 sah insgesamt eine Verdoppelung der deutschen Kriegsschiffe vor. Dem Gesetz zufolge sollte sie aus zwei Flottenflaggschiffen und vier Geschwadern mit je acht Linienschiffen plus vier Reserveschiffen bestehen.

Die Zahl der Kreuzer wurde auf vierzehn große und achtunddreißig kleine Kreuzer erhöht. Ein Teil der Flotte sollte in Wilhelmshaven stationiert werden. Um die Kosten für dieses riesige Flottenprogramm finanzieren zu können, wurde im Jahr 1902 die "Schaumweinsteuer" eingeführt.

Da die Kriegsschiffe immer größer wurden - nicht zuletzt als Reaktion auf die Dreadnought-Klasse der Briten - wurde zwischen 1900 bis 1909 die Kaiserliche Werft in Wilhelmshaven erheblich vergrößert. Im Verlauf dieser Um- bzw. Neubauten auch die Kaiser-Wilhelm-Brücke als Verbindungsstück zwischen der Südstadt und der neuen Außendeichslinie.

Ein wichtiges Datum war seinerzeit der 15. Oktober 1909 als die beiden auf der Kaiserlichen Werft in Wilhelmshaven erbauten neuen Großkampfschiffe SMS Nassau und SMS Westfalen die neue so genannte 3. Einfahrt durchfuhren. Diese Schleuse existiert nicht mehr. Die einzige Verbindung von der See in den Binnenhafen ist heutzutage die Große Schleuse - die so genannte vierte Durchfahrt.

Die beiden Schwersternschiffe SMS Nassau und SMS Westfalen waren die ersten von vier Großlinienschiffen des Deutschen Reiches. Sie hatten eine Größe von 10.300 BRT, bei einer Länge von 146 m und einer Breite von 26,9 m.

Aufgrund dieser enormen Investitionen nahm die Bevölkerung von Wilhelmshaven erheblich zu. Am 1. Mai 1911 wurden die drei umliegenden oldenburgische Gemeinden Heppens, Neuende und Ban dann zur Stadt Rüstringen.
Kurz nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs wurden Wilhelmshaven und Rüstringen zur Festung erklärt. Es sei erwähnt, dass Rüstringen erst 1937 ein Teil von Wilhelmshaven wurde.

Im Verlauf des Ersten Weltkrieges bestand die Hauptaufgabe der Werft darin, die Einsatzbereitschaft der Kriegsschiffe zu gewährleisten. Sie war dabei nicht nur für Neubauten zuständig, sondern besonders für die Reparatur der infolge des Krieges beschädigten Schiffe. Weiterhin wurden auf den Werften zivile Schiffe zu militärisch genutzten Hilfskreuzern umgebaut. Von Wilhelmshaven liefen beispielsweise im Mai 1916 die Schiffe für die für Skagerrakschlacht aus - der größten Seeschlacht des Ersten Weltkrieges zwischen der deutschen und der der britischen Marine.

Gegen Ende des Ersten Weltkrieges 1918 waren rund 20.000 Personen auf der Werft beschäftigt - darunter auch zahlreiche Frauen.
Viele der Gefallenen der Seeschlachten des Ersten Weltkrieges wurden in Wilhelmshaven auf dem 1914 neu eröffneten Friedhof am Rüstringer Stadtpark beigesetzt.

Am 24. Oktober 1918 befahl die deutsche Admiralität - noch kurz vor dem Ende des Ersten Weltkrieges - eine Entscheidungsschlacht gegen die britische Marine, wobei ein ehrenvoller Untergang beabsichtigt war. Daraufhin brachen am 29./30. Oktober 1918 erste Meutereien aus, die sich ab dem 3. November 1918 zum bekannten Kieler Matrosenaufstand ausweiteten. Der Aufstand war der Zündfunke für Novemberrevolution, die das Ende des Kaiserreichs einläutete.

In Wilhelmshaven-Rüstringen bildete sich am 6. November 1918 ein Arbeiter- und Soldatenrat, dessen Exekutivorgan der "21er“-Rat war. Ohne nennenswerte Gegenwehr übernahm der "21er“-Rat die Macht über die Festungsstädte und erklärte am 10. November 1918 die Nordseestation und alle umliegenden Inseln und Marineteile nebst dem gesamten Oldenburger Land zur "Sozialistischen Republik Oldenburg/Ostfriesland". Außerdem wurde die Absetzung von Friedrich August als Großherzog von Oldenburg verkündet, der noch am 11. November selber seine Abdankung bekannt gab. Kuhnt wurde daraufhin Präsident des neuen Freistaats Oldenburg.

Innerhalb der SPD kam es zu erheblichen Auseinandersetzungen, die damit endeten, dass bei der Kandidatenaufstellung zur verfassungsgebenden Nationalversammlung der Rüstringer Abgeordnete Hug einen besseren Listenplatz als Kuhnt bekam. Das führte dazu, dass der 21er“-Rat, bei der Wahl zur Nationalversammlung mit einer eigenen Liste mit Kuhnt als Spitzenkandidat für die USPD antrat. Bei der Wahl am 19. Januar 1919 wurde dann Hug in die Nationalversammlung gewählt.

Diese Schlappe der USPD führte dazu, dass die KPD durch einen Putsch die Macht an sich reißen wollte. Am 27. Januar 1919 besetzten ihre Anhänger daher eine Reihe von öffentlichen Gebäuden. Aber der Putsch wurde noch am selben Tag durch Truppen der Marinegarnison niedergeschlagen. Kuhnt wurde daraufhin am 29. Januar 1919 als Präsident des Freistaats Oldenburg abgesetzt. Am 1. April 1919 wurde Wilhelmshaven eine kreisfreie Stadt.

Die Auflagen zur Abrüstung und damit zur Reduzierung der Marine, die im im Versailler Friedensvertrag am 28. Juni 1919 festgelegt waren, hatten erhebliche Auswirkungen auf das wirtschaftliche Leben der Stadt. Dadurch verlor ein Großteil der Bevölkerung seine Existenzgrundlage. Die in Reichsmarinewerft umbenannte Werft wurde zwar weitergeführt, durfte aber zunächst keine neuen Schiffe bauen. Das änderte sich erst Anfang 1925, als der Leichte Kreuzers Emden als erster Schiffsneubau von Stapel lief.

Nach dem Zusammenbruch großer Teile der Wirtschaft startete Wilhelmshaven den Versuch, eine Hochseefischereiflotte aufzubauen. Da aber 1922 die bestehende Fleischrationierung zu Ende ging, sank die Nachfrage nach Fisch.
Von 1925 bis 1928 wurden zahlreiche Arbeitslose über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, wie Eindeichungsarbeiten, dem Bau des Rüstringer Rathauses oder der Erweiterung des Rüstringer Stadtparks, in Lohn und Brot gebracht werden.
Zudem versuchte die Stadt in dieser Zeit, den Fremdenverkehr auszubauen.

Vieles davon hatte mit der Machtergreifung der Nazis am 31. Januar 1933 ein Ende, da sie Nazis damit begannen, viel Geld in die Aufrüstung der Wehrmacht und der Marine zu stecken. Das wurde nicht zuletzt durch das deutsch-britischen Flottenabkommen von 1935 begünstigt, in dem Deutschland eine deutliche Erhöhung der Flottenstärke gestattet wurde. Das führte durch den damit verbundenen Ausbau der Hafen- und Werftanlagen in Wilhelmshaven zu einem einen erheblichen wirtschaftlichen Aufschwung. So begann man man u.a. 1937 mit dem Bau der neuen Schleusenkammern, der so genannten 4. Ausfahrt, die unter dieser Bezeichnung als einzige Zufahrt zum Binnenhafen noch heute existiert.

Das so genannte Groß-Hamburg-Gesetz aus dem Jahr 1937, durch das u.a. Hamburg mit Altona vereinigt wurde, wurden am 1. April 1937 auch das zu Preußen gehörende Wilhelmshaven und das oldenburgische Rüstringen zur Stadt Wilhelmshaven (Oldenburg) vereinigt.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt infolge von mehr als 100 Luftangriffen stark zerstört. Der erste Luftangriff auf Wilhelmshaven erfolgte, kurz nach Kriegsausbruch, bereits am 4. September 1939 - der letzte am 30. März 1945.
Beim schwersten Luftangriff am 15. Oktober 1944 wurden große Teile des alten Wilhelmshaven zerstört. Bei Kriegsende waren ca. 60% der Wohnhäuser zerstört. Wegen der zahlreichen stabilen Bunker kamen infolge der Angriffe nur ca. 450 Menschen ums Leben.
Die meisten dieser Toten wurden auf dem städtischen Friedhof Aldenburg beigesetzt, wo seit 1978 ein Mahnmal an sie erinnert.

Am 6. Mai 1945 besetzte die in Großbritannien aufgestellte 1. Polnische Panzerdivision die Stadt und nach der Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 wurde Wilhelmshaven Teil der britischen Besatzungszone.
Bis zum Frühjahr 1950 wurde alle Werft- und Kaianlagen, Docks und Schleusen einschließlich der 4. Einfahrt gesprengt. Das führte zu einem erheblichen Anstieg der Arbeitslosigkeit.
Daher musste die Stadt neue wirtschaftliche Grundlagen suchen. Das gelang mit Hilfe von einer Reihe mittelständischer Unternehmen.

Mit Beginn der deutschen Wiederbewaffnung und dem damit verbundenen Aufbau der Bundesmarine wurde Wilhelmshaven 1956 wieder zum Marinehafen, in dem am 2. Januar 1956 die ersten Freiwilligen der neuen Bundesmarine ihren Dienst begannen.
Ein erster Höhepunkt war der 6. Juni 1956, als die ersten von den USA zurückgegebenen Minenräumboote der früheren deutschen Kriegsmarine, in Wilhelmshaven einliefen. Im Verlauf der nächsten 15 Jahre entstand hier auf den Trümmern der früheren Marineanlagen einer der größten Arbeitgeber der Stadt. Im Verlauf des Wiederaufbaus des Hafens wurde am 4. Oktober 1964 die neue 4. Einfahrt - die große Schleuse - eröffnet. Heutzutage liegt die Schleuse im Vorhafen des am 9. August 1968 eingeweihten Marinestützpunkts.

Ende 20. und 21. Jahrhundert

Die wichtigste Maßnahme war ohne Zweifel der Bau des neuen Tiefwasserhafens - des WeserJadePort - der am 21. September 2012 offiziell in Betrieb genommen wurde.

Auch der große Ölhafen und die Großanlagen der petrochemischen Industrie verstärkten die Infrastruktur der Stadt und seiner Hafenanlagen.

Aber auch in den Dienstleistungssektor und den Tourismus wurde erheblich investiert.
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die frühere "Expo am Meer“, die eine der Projekte der Weltausstellung in Hannover im Jahr 2000 außerhalb der Stadt Hannover war.

Der Südstrand wurde ausgebaut und wurde ein beliebter Besuchermagnet sowohl für die Wilhelmshavener wie auch die Gäste. Man findet hier beispielsweise die Kaiser-Wilhelm-Brücke, das Marinemuseum, das Aquarium oder den Helgolandkai.
In der im September 1997 eröffneten "Nordseepassage“ kann man vom Wetter unabhängig einkaufen und bummeln oder auch in Muße essen und trinken.
Weit über die Stadt hinaus bekannt ist das Stadttheater als Sitz der Landesbühne Niedersachsen-Nord oder das Kulturzentrum Pumpwerk.

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