Edinburgh: Stadtgeschichte

Der Anfang bis zum 11. Jahrhundert

Der Ursprung der heutigen schottischen Hauptstadt Edinburgh liegt noch immer weitgehend im Dunkeln. Man geht davon aus, dass der heutige Castle Rock, der Vulkanfelsen mit seinen drei vertikalen Hängen eine natürliche Verteidigungsstätte darstellte und somit der Grund für die Erstbesiedelung des Ortes war. Die ersten Spuren einer Besiedlung stammen aus der Zeit um 850 v. Chr. Dennoch findet man zahlreiche vorgeschichtliche Relikte im Edinburgher Stadtgebiet. Vor der Trockenlegung des heutigen Stadtgebiets gab es Seen und Sümpfe zwischen den Hügeln, auf denen Siedlungen angelegt wurden. Interessant sind die prähistorische Grabstätten (Arthur’s Seat) und Orte mit Bronzeartefakten. In der Straße Caiystane View steht in ein großer Hinkelstein (Menhir) mit Opfersteinen. Neben dem Newbridge Kreisverkehr, auf der Westseite der Stadt, liegt das bronzezeitliche Ritualzentrum am Huly Hill Cairn. Zudem findet man Befestigungen aus dem 1. Jahrtausend v. Chr. auf dem Wester Craiglock-hart Hill und auf dem Hillend. Reste eines römischen Kastells findet man in Cramond, einem Dorf am Rande von Edinburgh.

Die Statue einer Löwin, die einen Mann verschlingt, wurde in der Mündung des Almond (Firth of Forth) gefunden. Um 450 ließen sich schließlich die Pikten, ein keltischer Stamm, auf dem Burgfelsen nieder. Zu dieser Zeit lebten auch die Briten, ein weiterer keltischer Stamm in Nordbritannien. Im 6. Jahrhundert kamen die Skoten, ein dritter keltischer Stamm von Nordirland nach Schottland und errichteten das Königreich Dalradia. Um das Jahr 700 rückten schließlich die Northumberland-Angeln nach Norden vor und kolonisierten den Südosten von Schottland. König Edwin zerstörte die dort beste-hende kleine Siedlung und errichtete auf dem Castle Rock eine Festung, die Edwinesburh nannte. Bis 1018 diente diese Festung den Schotten als südlicher Vorposten. Dies konnte jedoch nicht verhindern, dass die Engländer die Stadt sieben Mal plünderten.

Vom 11. Jahrhundert bis zum Goldenen Zeitalter

Im Jahr 1093 wird eine Burg in Edinburgh erwähnt, aus der sich das die Stadt dominierende Edinburgh Castle entwickelte. Die Märkte am Fuße der Festung begannen zu wachsen und das eigentliche Wachstum von Edinburgh begann. Mit diesem Wachstum setzen auch erst die verlässlichen Kenntnisse zur Geschichte der Stadt ein. Die Kirche des heiligen Ägidius, die St Giles’ Cathedral, wurde zum Mittelpunkt der wachsenden Ortschaft. Ihre erste urkundliche Erwähnung stammt sogar bereits aus dem Jahr 854, das noch heutzutage bestehende Gebäude wurde etwa um das Jahr 1120 gebaut. Im 16. Jahrhundert predigte John Knox in St Giles, die heute die High Kirk of Edinburgh der Church of Scotland ist. Zwischen Edinburgh und der Abtei des Heiligen Kreuzes (holy rood) befand sich noch die Stadt Canongate.

Neben Holyrood Abbey, von der heute nur noch Ruinen übrig geblieben sind, wurde in der Folge Holyrood Palace erbaut, der als Palace of Holyroodhouse offizielle Residenz des britischen Monarchen und bildet den östlichen Abschluss der „Royal Mile“. Um 1100 ließ der schottische König Malcolm III. Canmore (gest. 1093) eine Burg auf dem Felsen der Bucht Firth of Forth erbauen. Sein Sohn, David I. (1080-1153) gründete 1124 auf dem Burgfelsen die Augustinerabtei Holyrood. Diese beiden Gebäudekomplexe garantierten Sicherheit und Wohlstand. Jedoch kam es bald zu kriegerischen Auseinandersetzungen in der Region: Edinburgh wurde im 13. und 14. Jahrhundert mehrere Male belagert, angegriffen und teilweise zerstört. Mitte des 15. Jahrhunderts begann die Stadt, sich allmählich von diesen Rückschlägen zu erholen und gewann immer mehr an Bedeutung, wobei die Städte Perth und Dunfermline schließlich in den Hintergrund rückten. 1450 wurde Edinburgh befestigt und es wurde die erste Stadtmauer errichtet, die die Altstadt und das Gebiet um den Grassmarket einschloss. Dieses Gebiet war relativ klein und besonders gut zu verteidigen. Der Wohnraum wurde mit der steigenden Einwohnerzahl jedoch immer knapper, so dass man sogar gezwungen war, Häuser mit bis zu 12 Stockwerken zu errichten. Das Goldene Zeitalter von Edinburgh brach an, so wurde beispielsweise das College of Surgeons (Chirurgische Fakultät) gegründet und der Buchdruck eingeführt.

Von 1513 bis 1707

Mit dem Tod von James IV. (1473-1513) in der Schlacht von Flodden im Jahr 1513 endete jedoch diese Blütezeit der Stadt. Heinrich VIII. (1491-15647) von England wollte die Heirat zwischen seinem Sohn und Mary Stuart, der Königin der Schotten erzwingen, scheiterte jedoch, weil man Mary nach Frankreich schickte, wo sie den Dauphin heiratete. Abermals gelang es den Engländern, Edinburgh zu plündern, woraufhin die Schotten Frankreich um Beistand baten. Während des Exils der schottischen Königin in Frankreich kam es zu weiteren politischen und religiösen Unruhen im Land: Edinburgh wurde von den Wirren der Reformation erfasst, wobei die Schotten mit den Ideen der Reformation sympathisierten.

Das Jahr 1603 brachte für Edinburgh einen drastischen Einschnitt mit sich: König James (Jakob) VI. (1566-1625) von Schottland bestieg den englischen Thron und verlegte seinen Hof von Edinburgh nach London und die Stuarts ignorierten Edinburgh. Bald darauf kam es zu religiösen Meinungsverschiedenheiten zwischen Schottland und England, die einen Bürgerkrieg auslösten. Der so genannte Bischofskrieg von 1639 begann, als König Karl I. (1600-1649) von England und Schottland versuchte, seinen Willen der Kirche von Schottland durch ihm genehme Bischöfe aufzuzwingen, sowie ein nach der englischen Liturgie geschaffenes Gebetbuch einzuführen. Es kam zu Aufständen, als deren Initiatorin die Marktfrau Jenny Geddes genannt wird, die in der Kathedrale von St. Giles einen Stuhl nach dem Pfarrer warf. Schließlich endeten die Auseinandersetzungen mit dem Sieg der Presbyterianer. Auch ohne das Herrscherhaus Stuart entwickelte sich Edinburgh weiter.

1655 kehrte John Knox aus dem Exil zurück und seine calvinistische Lehre fiel auf fruchtbaren Boden. Fünf Jahre später gründete das schottische Parlament eine protestantische, von Rom unabhängige Kirche, die die Autorität des Papstes und die lateinische Messe ablehnte. Zusätzlich kam es zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Maria Stuart () und ihren Gegnern, von denen Edinburgh nicht verschont blieb. Dennoch entwickelte sich die Stadt zusehends weiter, wenn auch immer stark begrenzt durch die geographischen Gegebenheiten: das Stadtgebiet konnte sich durch die steil abfallenden Felsen und den großen See am Fuße des Burgfelsens kaum ausdehnen, so dass Edinburgh immer dichter werden musste und weiter in die Höhe wuchs. Man errichtete schmale, hohe Häuser auf engstem Raum und es herrschte ein lebhaftes Treiben in den engen Gassen.

Hinweis
Ein sehr wichtiges Jahr war 1707, als es zur Vereinigung Schottlands mit England zum Königreich Großbritannien kam. Edinburgh verlor von nun an immer mehr an Bedeutung und Prestige. Die
Vereinigung erfolgte aufgrund des am 1. Mai 1707 in Kraft getretene Vereinigungsgesetzes, der Act of Union.

18. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg

Im 18. Jahrhundert erlebten Wissenschaft und Kunst in der Stadt eine neue Blüte: Philosophen, Dichter und Maler kamen in die Stadt und die schottischen Ärzte gelangten durch ihre Forschungsarbeit und Erfindungen zu weltweitem Ruhm. Zur selben Zeit traf der Edinburgher Stadtrat die Entscheidung, einen neuen Stadtteil am Fuße des Burgfelsens zu errichten. Daraufhin entwässerte man die Ebene und unter der Leitung des berühmten Architekten James Craig entstand die New Town von Edinburgh. Viele der bedeutendsten Architekten der damaligen Zeit entwarfen die neuen Gebäude. Die Bevölkerung wuchs weiter an, ebenso das schottische Nationalbewusstsein. So distanzierten sich die schottischen Philosophen der Aufklärung immer mehr von England. Es sei erwähnt, dass der schottische Professor für Geburtshilfe Sir James Young Simpson (1811-1870) im Jahr 1847 in Edinburgh das erste Mal Chloroform als Narkosemittel in die Medizin einführte.

Im 19. Jahrhundert zählte Edinburgh nach einem explosionsartigen Bevölkerungswachstum bereits 400.000 Einwohner. Viele Iren waren vor den Hungersnöten in ihrem Land geflohen und in die Mietshäuser der Altstadt gezogen. In der Neustadt errichtete man einen neuen Ring aus Straßenzügen und Plätzen, außerdem entstanden unzählige Arbeiterreihenhäuser. Um 1830 kam es jedoch zu einem abrupten Ende der Blütezeit Edinburghs: die Literaten, Künstler und Philosophen wanderten nach London ab und die kulturelle und städtebauliche Bedeutung Edinburghs beschränkte sich plötzlich auf Schottland, woran auch die fortschreitende Industrialisierung nichts zu ändern vermochte. Im 20. Jahrhundert begann die Umsiedlung der Bewohner der Elendsviertel in neue Sozialbauten, deren massive soziale Probleme jedoch noch heute zu spüren sind.

Im Ersten Weltkrieg wurde Edinburgh am 2. April 1916 von zwei deutschen Zeppelinen bombardiert, wobei durch 24 abgeworfene Bomben 13 Menschen getötet und 24 verletzt wurden, außerdem wurden zwei Hotels und Wohnhäuser getroffen. Im Zweiten Weltkrieg wurde Edinburgh zwischen dem 18. Juli 1940 und dem 6. August 1941 mehrmals von deutschen Bombern angegriffen, wobei 20 Zivilisten ums Leben kamen und 210 verletzt wurden.

Vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis heute

Nach dem Zweiten Weltkrieg gelang es Edinburgh, langsam aber sicher wieder an Bedeutung zu gewinnen und das kulturelle Leben der Stadt erwachte zu neuer Blüte. Im Jahr 1974 wurde erstmalig das Edinburgh International Festival und das Festival Fringe veranstaltet und die University of Edinburgh gewann in den Bereichen Medizin, Elektronik und künstlicher Elektronik an Prestige und wurde zur Lehr- und Forschungseinrichtung von internationalem Rang. In den 60er und 70er Jahren wurden Erschließungspläne entwickelt, die zu einem irren Abriss mehrerer Teile von Edinburgh führten. Demzufolge bildete sich eine Denkmalschutzbewegung und 1995 wurden Old - und New Town von Edinburgh ins Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen.

Im Jahr 1997 gewann die Labour Partei die Wahlen und das zweite Referendum über die Frage nach der Einrichtung eines schottischen Parlaments war schließlich erfolgreich. Am 12. Mai 1999 tagte das schottische Parlament erstmalig wieder in Edinburgh. Die Kosten für den Bau des neuen Parlamentsgebäudes stiegen aufgrund von politischen Machenschaften ins Unermessliche, mittlerweile ist jedoch der spannende Prozess der Devolution, der Übertragung der parlamentarischen Gewalt, mit einem zufriedenstellenden Ergebnis für Edinburgh abgeschlossen. Die Stadt präsentiert sich seinen Besuchern heute mit einem neuen, starken Bewusstsein für seine Bedeutung.

Der stetige Wusch nach Unabhängigkeit führte schließlich am 18. September 2014 zu einer Volksabstimmung darüber. Dabei stimmten rund 55,3% gegen die Trennung von England. Nach dem Austritt Großbritanniens am 31. Januar 2020 aus der EU gab es jedoch neue heftige Bestrebungen, durch eine Unabhängigkeit Mitglied der EU zu bleiben bzw. neu eizutreten. Eine erneute Volksabstimmung bedurfte jedoch der Zustimmung der britischen Regierung, was diese aber strikt ablehnte. Diese rechtliche Bewertung wurde durch den obersten Gerichtshof des Vereinigten Königreichs bestätigt.

Nicht zuletzt deswegen hatte die schottische First Ministerin (Regierungschefin) und Vorsitzende der Schottischen Nationalpartei (SNP), Nicola Sturgeon (geb. 1970), die eine große Befürworterin der schottischen Unabhängigkeit war, am 15. Februar 2023 überraschend ihren Rücktritt von ihrem Amt als First Ministerin bekannt gegeben. Sie hatte das Amt im November 2014 übernommen. Ein weiterer Grund war sicherlich der Streit um ein neues Gender-Gesetz. Mit dem Vorhaben, dem das schottische Parlament zugestimmt hat und das von der britischen Regierung blockiert wird, soll unter anderem die Pflicht für ein medizinisches Gutachten als Voraussetzung für eine Änderung des Geschlechtseintrags entfallen. Ähnliches ist übrigens auch in Deutschland geplant

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