Casablanca: Stadtgeschichte

Die Gründung der Stadt

Es war im 10. Jahrhundert vor Christus, als berbische Fischer die Siedlung gründeten, die in hunderten von Jahren zu dem urbanen Koloss heranwachsen sollte, der heute Casablanca heißt. Die zunächst als Anfa bezeichnete Siedlung diente viele Jahre als „Hauptstadt“ des Berberreiches der Berghouta und später den Phöniziern, Römern und Mereniden, welche die Siedlung als strategisch hervorragend gelegenen Hafen nutzten. Im 12. Jahrhundert kamen die Almohaden und eroberten den an Bedeutung immer mehr gewinnenden Hafenort.

Die Ankunft der Portugiesen und der Spanier

Anfa nun wurde im Laufe der Zeit aber nicht nur zu einem bedeutenden Getreideumschlagplatz, sondern auch zu einer Besorgnis erregenden Bastion von Piraten, welche den Seehandel der Portugiesen dermaßen bedrohten, dass diese im ausgehenden 15. und im beginnenden 16. Jahrhundert mehrfach versuchten, Anfa zu erobern. Im Jahre 1496 gelang es Don Ferdinand mit seiner Armee, die Stadt zu zerstören. Die schließlich 1575 von den Portugiesen besetzte und von nun an Casa Branca (dt. Weißes Haus) genannte Stadt wurde 1755 von einem verheerenden Erdbeben zerstört. Nachdem die Portugiesen die Stadt daraufhin verlassen hatten, wurde sie vom Alaouiten-Sultan Mulai Muhammad III oder Sultan Sidi Mohamed Ben Abdallah (1710-1790) wieder aufgebaut. Unter ihm entstanden auch öffentliche Badeanstalten, eine Medresa (= eine theologische Schule) sowie eine Moschee. Es waren nun Händler aus Spanien, welche die Bedeutung der Stadt für sich entdeckten und sich dort in der Mitte des 19. Jahrhunderts niederließen. Auf diese spanischen Händler geht auch der heutige Name der Stadt zurück – Casa Blanca. Im 19. Jahrhundert stieg die Einwohnerzahl der Stadt unter Moulay Hassan (1873-1894) auf etwa 20.000.

Casablanca unter den Franzosen

Die Franzosen besetzen Casablanca im Jahre 1907 und machten aus der Stadt fünf Jahre später ein Protektorat. Wie kam es aber zur Besetzung? Mit dem Einverständnis des Sultans waren im Jahre 1907 Arbeiten an den Hafenanlagen vorgenommen worden, welche auch einen nahe gelegenen moslemischen Friedhof in Mitleidenschaft gezogen haben. Berichte über angebliche Entweihungen des Friedhofs provozierten die Nachbarstämme der Shawia, die im Juli schließlich die Arbeiter aus Europa angriffen und neun von ihnen töteten. Unter den Toten der Massaker, die sich auch auf ein jüdisches Viertel in Casablanca ausdehnten, waren auch drei Franzosen. Als Vegeltung entsendete Frankreich Truppen nach Casablanca. Die nun einsetzenden Kämpfe forderten Tausende von Getöteten, wobei die Hafenstadt fast völlig entvölkert wurde. Selbst nach dem traurigen Sieg der Franzosen ging der Kampf gegen die Shawia weiter, wobei man die Region um Casablanca erst ab Mitte 1908 als befriedet bezeichnen konnte.

Folge der französischen Okkupation, die Casablanca als Protektorat einteilte, war es aber auch, dass sich die Stadt zu einem wichtigen Wirtschaftszentrum entwickelte und zu Beginn des 20. Jahrhunderts sogar Tanger als bedeutendsten Hafen von Marokko ablöste. 1929 konnte die neu etablierte Börse Casablancas ihren ersten Handelstag beginnen.

Seit der Unabhängigkeit

Auch nachdem Marokko und damit auch Casablanca am 2. März 1956 von Frankreich in die Unabhängigkeit entlassen worden war, wuchs die Stadt weiter zur wirtschaftlichen Hauptstadt des Landes.

Im März des Jahres 2000 wurde Casablanca zum Ort von gigantischen Demonstrationen, die von Frauenrechtsgruppen organisiert worden waren. Die etwa 40.000 Demonstrantinnen forderten eine grundlegende Reform des rechtlichen Status der Frauen. Dazu gehörten ein Verbot der Polygamie sowie die Verabschiedung eines Rechtsschutz gewährenden Scheidungsgesetzes. Die immerhin 500.000 Gegendemonstranten hatten zwar die Mehrheit auf ihrer Seite, nicht aber König Mohammed VI., der sich hinter die Frauen stellte und 2004 eine neue Mudawana (= ein Familiengesetz) erließ, welches einige der Forderungen der Frauengruppen berücksichtigte.

Weniger erfreulich waren die Selbstmordattentate der Jahre 2003 und 2007. Nachdem im Mai 2003 33 Menschen bei Selbstmordattentaten in Casablanca getötet und mehr als 100 verletzt worden waren, kam es im März und im April 2007 erneut zu verheerenden Anschlägen von Marokkanern, die mit der Terrorgruppe Al-Quaida in Verbindung gestanden haben sollen.

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