Boston: Stadtgeschichte

Es war im Jahre 1625, als sich ein gewisser William Blaxton bzw. Blackstone in der Gegend ansiedelte, in der sich das heutige Boston ausbreitet. Blaxton war damit der erste Europäer in dieser Region, und er hatte vor, erfolgreich zu werden. Es gelang ihm auch, denn 1629 schon verkaufte er Ländereien an aus Europa kommende Siedler. Als die Puritaner im Juni 1630 die Ostküste der "Neuen Welt" erreichten, hatte sie Besitzrechte über die gesamte Kolonie. Sie waren es, die nun Blaxton Land zur Bebauung gaben. Alle englischen Einwanderer lebten in einer Siedlung auf einer Halbinsel. Diese wurde von den indianischen Ureinwohnern Shawmut genannt und von den Siedlern zuerst Trimountaine. John Winthrop, der erste Gouverneur der Massachusetts Bay Colony, gab der Siedlung Trimountaine den Namen Boston und benannte sie mithin nach der gleichnamigen Stadt im englischen Lincolshire, aus der zahlreiche Puritaner stammten: So war am 17. September 1630 die heutige Millionenstadt Boston geboren.

Mit seiner als „City upon the Hill“ berühmt gewordene Predigt verkündete John Winthrop die besondere Beziehung der Puritaner zu Gott, mit dem sie durch einen speziellen Vertrag verbunden seien. Mit einer starken Besinnung auf puritanische Werte wie Arbeit, Bildung und Gottesfürchtigkeit wurde die junge Stadt gestärkt und zeigte damals bereits Wertmaßstäbe an, die auch noch heute Bestandteil des gesellschaftlichen Selbstverständnisses von Boston und Neuengland sind. Schon 1635 wurde die Boston Latin School als erste Lateinschule ins Leben gerufen. Und im Jahre 1636 erhielt Amerika seine erste Universität. Es war die Harvard University, heute die wohl renommierteste und bekannteste Universität der Welt.

Am 1. Juni 1660 kam es zur letzten Hinrichtung einer religiös motivierten Märtyrerin. Die Quäkerin Mary Dyer hatte mehrmals die Stadt Boston betreten, obwohl ein Gesetz von 1658 ihren Glauben verbot und die Quäker aus der Stadt verbannt waren. Mary Dyer gilt mithin als erste Märtyrerin des Quäkertums.

Nachdem ein gewaltiger Stadtbrand am 20. März 1760 etwa ein Zehntel der Stadt vernichtet hatte, stieg Boston im Jahre 1773 in den Fokus der "Weltöffentlichkeit" auf – und zwar mit der berühmten Boston Tea Party. Am 16. Dezember 1773 hatten Proteste gegen eine Erhöhung der Teesteuer durch das britische Parlament nichts weniger als den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg ausgelöst. An jenem Dezember-Tag machten sich einige als Indianer verkleidete Bostoner Bürger zum Hafen der Stadt auf und warfen 342 Kisten Tee der britischen East India Trading Company ins Hafenbecken. Ein unglaublicher Affront gegen die britische Kolonialmacht und der Beginn eines Krieges, der mit der Unabhängigkeitserklärung im Jahre 1776 enden sollte.

Nach der US-amerikanischen Revolution stieg Boston mehr und mehr zu einer der wohlhabendsten Handelshäfen der Welt auf. Vetrieben wurde vor allem Fisch, Rum, Salz und Tabak. Mit den 1820ern änderte sich durch die vermehrte Einwanderung auch das Bild der Stadtbevölkerung. Die lange Zeit fast ausschließlich protestantischen Abkömmlinge wurden durch einen großen Anteil an Katholiken vor allem aus Irland und später Italien ergänzt. Die Einwohnerzahl wuchs enorm, und das Stadtgebiet verdreifachte sich zwischen den Jahren 1630 und 1890. Dies geschah durch Eingemeindungen und Landgewinnungen.

Hatte Boston im Jahre 1872 die Folgen des größten Stadt-Brandes in seiner Geschichte zu beklagen, kam es am 15. Januar 1919 zu einem weiteren, aber skurrilen Unglücksfall, als in der Nähe von North End Park ein fehlerhafter Melasse-Tank zerbarst und seinen Inhalt – ganze 14.000 Tonnen Melasse (= Rückstände aus der Zuckergewinnung und zur Rumherstellung verwendet) – auf die Straßen der Stadt ergoss. 21 Passanten ertranken in der klebrig-süßen Masse und weitere 150 wurden verletzt.

Der Strukturwandel Bostons in den 1920er und 1930er Jahren war ein Resultat des Rückzugs alter Industrien, der mit dem hohen Lohnniveau in der Stadt nicht mehr mithalten konnten. Die Stadt reagierte mit dem Urban Renewal, einem Paket aus verschiedenen Initiativen zu Stadtentwicklung, die anfangs leider oft zu Lasten der ärmeren Bevölkerungsgruppen gingen. In Folge wurden große Bevölkerungsteile aus der Kernstadt verdrängt. Spätere Projekte änderten diese Fehlentwicklung wieder ab. So sorgte das so genannte Linkage-Prinzip für einen größeren finanziellen Ausgleich zwischen strukturstarken und strukturschwachen Kernstadtgebieten.

Die 1970er brachten ein erneutes Wirtschaftswachstum, für das sich insbesondere der Medizinsektor verantwortlich zeigte. Bostoner Riesen-Kliniken wie das Massachusetts General Hospital, das Beth Israel Deaconess Medical Center und das Brigham and Women's Hospital gehörten zu den landesweit führenden medizinischen Einrichtungen. Auch der allgemeine Wissenschaftssektor zog vermehrt Studenten an und zementierte den Ruf der Stadt als Ort des Denkens und der Bildung. Das frühe 21. Jahrhundert sah Boston dann als internationales, intellektuelles und technologisches Zentrum der USA, wohingegen aber regionale Institutionen im Finanz- und journalistischen Sektor an Bedeutung verloren.

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