Berchtesgaden: Stadtgeschichte

Nach 1000 bis 1500

Die Besiedlung der Region ging auf ein Gelübde der Gräfin Irmgard von Rott zurück, die nach einem Jagdunfall ihres Ehemannes Graf Gebhard II. als Dank für seine Errettung ein Kloster stiften wollte. Nach ihrem Tod am 14. Juni 1101 setzten sich ihre Söhne Berengar I. von Sulzbach (1080- 1125) und Kuno von Horburg-Lechsgemünd für die Erfüllung dieses Gelübdes ein. Dafür reisten sie zwischen 1102 und 1105 nach Rom, wo Papst Paschalis II. die Klostergründung bestätigte und stellte das Kloster unter seinen Schutz stellte. Das heutige Berchtesgaden wurde zwischen 1102 und 1105 das erste Mal urkundlich erwähnt. 1122 wurde ein erster Bauabschnitt der Stiftskirche St. Peter und Johannes der Täufer von dem Salzburger Erzbischof Konrad (gest.1075) geweiht, was durch eine Inschrift mit der Jahreszahl 1122 an der Kirche verdeutlicht wird.

Berchtesgaden wurde zum Hauptort eines kleinen kirchlichen Territoriums, der in das bayerische Stammesherzogtum eingebunden war. Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1122-1190) bestätigte 1156 in einer "Goldenen Bulle“ die Gebiets-größe des Stifts und gewährte ihm die Forsthoheit sowie die Schürfrechte von Salz und Me-tall. Diese in dem kaiserlichen Privileg enthaltenen Regalien führten zu einem gewissen wirt-schaftlichen Aufschwung, der den Ort 1201 zu einer Pfarrei und einige Jahrzehnte später zu einem Markt heranwachsen ließ. Eine erste Beurkundung der Siedlung mit Bezeichnung „Markt“ stammt aus dem Jahr 1328. Im Jahr 1490 wurde ein Stiftsspital nahe der Pfarrkirche St. Andreas sowie 1565 ein Leprosenhaus urkundlich erwähnt.

Hochmittelalter, frühe Neuzeit

Im Jahr 1559 wurde das Stift unter von Kaiser Ferdinand I. (1503-1564) zur Fürstpropstei Berchtesgaden erhoben. Von 1594 bis 1723 unterstand sie jedoch der kurkölnischen Administration des bayerischen Hauses Wittelsbach, das als erster Ferdinand von Bayern vertrat. Als Kurfürst und Erzbischof von Köln konnte sich Ferdinand jedoch nur wenig um die Fürst-propstei kümmern. In seine Regierungszeit fiel der Dreißigjährige Krieg (1618–1648), von dessen zerstörerischen Folgen Berchtesgaden selbst "wie durch ein Wunder“ verschont blieb. Es musste jedoch „wiederholt Gelder zur Verfügung stellen“, um die Schäden in Köln zu beheben.

Der Berchtesgadener Bürgerwald lag seinerzeit außerhalb des jetzigen Berchtesgadener Gemeindegebietes, aber 1689 wurde er in das heutiges Gebiet verlegt. Der Grund war, dass nachdem das im Zuge des Landbriefes von 1377 den Berchtesgadener Bürgern zur eigenen Nutzung zugestandene Gebiet des Vorgängerwalds völlig abgeholzt war. Nach Auflösung der Fürstpropstei Berchtesgaden war der Berchtesgadener Bürgerwald neben anderen größeren Forstbezirken von 1812 bis 1982 gemeindefrei. Nach 1982 wurde das gemeindefreie Gebiet des Bürgerwaldes aufgelöst und der Gemeinde Bischofswiesen sowie zum kleinen Teil auch Ramsau bei Berchtesgaden angegliedert. 1710 kam der erste ausgebildete gebildete Arzt in die Ortschaft , mit allerdings sehr begrenzten medinischen Möglichkeiten.

Ab 1723 waren die Berchtesgadener wieder den von den Augustiner-Chorherren ernannten Fürstpröpsten untertan, die als erstes nahezu alle Einheimischen evangelischen Bekenntnisses auswiesen. Mit der Säkularisation im Jahr 1803 endete die fürstpröpstliche Herrschaft über Berchtesgaden endgültig. Innerhalb von sieben Jahren danach wechselte Berchtesgaden viermal die landespolitische Zugehörigkeit, so gehörte 1803 es auf Anordnung Napoleons zum neuen Kurfürstentum Salz-burg unter der Regentschaft des Habsburgers Ferdinand III., Nach dem Frieden von Pressburg 1805 wechselte Berchtesgaden zum neu gegründeten Kaisertum Österreich. Nach der Neuordnung Europas im Jahr 1810 wurde Berchtesgaden zusammen mit Salzburg dem Königreich Bayern angegliedert und verblieb dort bis heute, während Salzburg 1816 wieder zu Österreich gelangte

Nach 1810 bis 1900

Nach der Eingliederung in das Königreich Bayern war Berchtesgaden ab 1810 dem Salzach-kreis zugeordnet und ab 1811 Sitz des Landgerichts Berchtesgaden, Ab 1817 wurde Berchtesgaden Teil des neuen Isarkreises, der seit 1838 Oberbayern heißt. Die bayerischen Könige nutzten Berchtesgaden als Sommerresidenz und bauten das Chorher-renstift zu einem königlichen Schloss aus. Insbesondere Prinzregent Luitpold von Bayern (1821–1912), der jeden Herbst zum Jagen kam, war bei den Einheimischen als Gönner und Wohltäter sehr beliebt. So ließ er unter anderem 1892 die Freiung Kugelfeldfreie. Ein Brandstifter hatte 1842 beinahe das ganze Marktzentrum vernichtet, da er in der Schrannenhalle Feuer gelegt hatte und in der Folge auch der Turm der gegenüberliegenden Pfarrkirche St. Andreas in Brand geraten war. Zwischen 1873 bis 1875 wurde auf dem Platz die Schrannenhalle errichtet, das noch heute genutzte Rathaus.

Nach dem Ende des siegrichen Deutsch-Französischen Krieges 1870/1871 und der Anbindung an das Eisenbahnnetz mit dem 1888 eröffneten Bahnhof Berchtesgaden entwickelte sich der Fremdenverkehr mit stark steigenden Gästezahlen. Auch zahlreiche Industrielle sowie Künstler und Schriftsteller besuchten Berchtesgaden und seine Umgebung. Maler liebten den Ort wegen des Panoramas des Watzmann-Massiv als Motive beliebt. Darunter waren Carl Rottmann und Caspar David Friedrich. Der Schriftsteller Ludwig Ganghofer ließ eine Reihe seiner Romane in Berchtesgaden. Sogar die norwegischen Schriftsteller Jonas Lie und Henrik Ibsen hatten die Ortschaft besucht. Nachdem das Holzhandwerk an Bedeutung verloren hatte, begann sich neben dem Salzabbau der Tourismus immer mehr zu einer wichtigen Einnahmequelle zu entwickeln. Als erstes Quartier für Gäste wurde 1877 die Pension Moritz auf dem Obersalzberg eröffnet, in der sich später - noch vor seiner Machtergreifung - auch Adolf Hitler einiger Male aufgehalten hatte. Wegen der zahlreichen Gäste evanglischen Glaubens wurde 1899 neben den drei römisch-katholischen Kirchen des Marktes eine evangelisch-lutherische Kirche eröffnet

Von 1900 bis 1933

1903 wurde ein Distriktkrankenhaus eröffnet, das 1919 in Bezirkskrankenhaus umbenannt wurde Die Besitzungen der bayerischen Königsfamilie in Berchtesgadener gelangten 1923 an den Wittelsbacher Ausgleichsfondsund bis zu Hitlers Machtübernahme am 30. Januar 1933 nutzte der ehemalige Kronprinz Rupprecht das Schloss als zeitweiligen Wohnsitz. In der Stiftskirche wurde der Nuntius Eugenio Pacelli, der späteren Papst Pius XII. (1876-1958, getauft. Am 14. Februar 1922 gründete der Reichsbahnbetriebsarbeiter Wolfgang Trimpl die NSDAP-Ortsgruppe Berchtesgaden, bei deren Versammlung am 1. Juli 1923 sprach Adolf Hitler mit dem Thema "Über die Zukunft unseres Volkes“. Im Herbst 1923 kam es in Reichenhall und Berchtesgaden zu einem bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen vaterländischen und kommunistischen Gruppierungen. Am 9. Juli 1932, dem Tag der Reichstagswahl, nahm Hitler beim "Großdeutschen Tag“ in Berchtesgaden die Parade von 3000 bayerischen und 3000 österreichischen SA-Männern ab.

Zeit des Nationalsozialismus

Nach der Machtergreifung am 30. Januar 1933 wurde der Obersalzberg heute ein Gemeinde-teil von Berchtesgaden - zum Führersperrgebiet mit dem Berghof im Zentrum erklärt. Die weitreichenden Baumaßnahmen in Obersalzberg wie auch die 1937 im benachbarten Bischofswiesener eingerichtete Reichskanzlei Dienststelle Berchtesgaden wurde zum zweiten Regierungssitz der Nationalsozialisten. Die Grundstücke auf dem Obersalzberg wurden den Eigentümern auf Betreiben Martin Bormanns zum Teil abgepresst.

Die christlichen Berchtesgadener Weihnachtsschützen wehrten sich gegen eine Vereinnah-mung ihres Brauchtums durch die Nazis und sprachen sich zudem gegen die Auflösung des Franziskanerklosters Berchtesgaden aus. Infolgedessen wurde das Vorstandsmittglied Brandner als einziger Berchtesgadener Postbeamter zur Wehrmacht eingezogen. Der spätere Ehrenvorsitzender Rudolf Kriß wurde wegen regimekritischer Äußerungen vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt, später jedoch zu lebenslanger Haft begnadigt. Ende 1938 gründete sich auch in Berchtesgaden eine Zelle des seit 1933 bayernweit organisierten Harnier-Kreises. Die Widerstandsgruppe wurde bereits seit 1936 von der Gestapo bespitzelt und 1939 zerschlagen. In Berchtesgaden wurden vier Mitglieder verhaftet und später zum Tod verur-teilt. Das Bezirksamt Berchtesgaden wurde 1939 in Landkreis Berchtesgaden umbenannt. Der Luftangriff am 25. April 1945 auf den Obersalzberg war auf dieses Gebiet begrenzt, wodurch der Ort selbst fast keine Schäden erlitten hatte. Bereits vor Kriegsende hatten sich die Amerikaner Berchtesgaden als einen ihrer Stützpunkte ausgesucht, den sie nach dem Krieg bis 1996 beibehielten. .

Nachkriegszeit bis zur Gegenwart

Nachdem der Landrat Karl Theodor Jacob (1908-1980) den Süden des Landkreises Berchtes-gaden am 4. Mai 1945 kampflos übergeben hatte, wurde der Markt Berchtesgaden von US-Truppen und einigen Franzosen besetzt. Die amerikanische Besatzungsmacht bestätigte Landrat Jacob und Bürgermeister Sandrock vorerst im Amt, aber bereits am 7. Mai setzte sie den Juristen Karl Kollmann als neuen Bürgermeister ein, dem am 28. Mai 1945 der als regimekritischer Brauereibesitzer einheimische Rudolf Kriß folgte; Kollmann amtierte anschließend als Zweiter Bürgermeister. Nach dem Krieg kamen Flüchtlinge aus den Ostgebieten nach Berchtesgaden, wodurch sich die Zusammensetzung der Bevölkerung sich erheblich veränder-te. Die Heimatvertriebenen, insbesondere Deutschböhmen und Schlesier, lebten teilweise bis in die 1960er-Jahre im Flüchtlingslager Vockenbichl in der Oberau, das für die SS errichtet worden und dann von der US-Army genutzt wurde Die ehemaligen NS-Grundstücke kamen 1947 zwar in das Eigentum des Freistaates Bayern, dennoch wurde ein Großteil der Gebäude von den Amerikanern auch danach weiterhin genutzt. Zudem entstand in Berchtesgaden ab 1953 eines der drei Armed Forces Recreation Center (AFRC) in Bayern.

Zu Beginn der 1950er-Jahre wurden die noch vorhandenen Hinterlassenschaften der Nazis am Obersalzberg zu einem Anziehungspunkt für Touristen, vor allem aus den USA. Dennoch wurden mit Aus-nahme des Kehlsteinhauses nahezu alle noch vorhandenen Gebäude abgetragen und entsorgt erhalten blieb. 1962 wurde in der Locksteinstraße der Neubau des Kreiskrankenhauses Berchtesgaden eingeweiht, das ab 1997 als Kreisklinik Berchtesgaden Teil des Verbundes Kli-niken Südostbayern wurde. Am 1. Januar 1972 kam es infolge der bayerischen Gebietsreform zur Eingemeindung der drei vorher selbstständigen Gemeinden Au, Maria Gern und Salzberg, was dazu führte, dass sich die Einwohnerzahl von Berchtesgaden fast verdoppelt hatte.

Der Markt Berchtesgaden verlor am 1. Juli 1972 seinen Status als Kreishauptort und den Sitz des Landratsamtes an die Große Kreisstadt Bad Reichenhall, was auch zur Auflösung des Amtsgerichts Berchtesgaden führte, dessen Zuständigkeitsbereichs an das Amtsgericht Laufen übertragen wurde. Aus dem 1939 begründeten Landkreis Berchtesgaden wurde der erweiterte Landkreis Berchtesgadener Land, dem der Markt seitdem angehört. Nach Schließung des Nationalpark-Hauses, das von 1988 bis 2013 in den Räumen des Franziskanerklosters Berchtesgaden residiert hatte, wurde am 24. Mai 2013 in der Hanielstraße ein neues Umweltbildungs- und Informationszentrum des Nationalparks Berchtesgaden als Haus der Berge eröffnet.

Nach dem Abzug der US-Streitkräfte im Jahr 1996 ging die Nutzung der Liegenschaften auf dem Obersalzberg an den Freistaat Bayern als Eigentümer über. Die Landesregierung ent-schied sich im Zuge dieser Nutzung für die Einrichtung der Dokumentation Obersalzberg, das 1999 eröffnet wurde und für dem Bau des 2005 eröffneten Fünf-Sterne-Hotels InterContinental Berchtesgaden Resort.
Im Jahr wurde in Berchtesgaden das Jubiläum seiner 200-jährigen Zugehörigkeit zu Bayern gefeiert. Dazu fand u. a. eine Ausstellung "Berchtesgadener Schicksalsjahre zwischen 1803 und 820“ im
Museum Schloss Adelsheim statt.

Im Januar 2019 waren der damalige CSU-Bundesinnenminister Horst Seehofer und der baye-rische Innenminister Joachim Herrmann nach Berchtesgaden gekommen, um sich in der Ein-satzzentrale im Berchtesgadener Feuerwehrhaus einen Überblick über die damalige Schneekatastrophe geben zu lassen, zudem hatten sie den Einsatzkräften für ihr Engagement gedankt.

Neuen Kommentar hinzufügen