Überblick
Die Echinokokkose ist eine Erkrankung, die durch den Hundebandwurm Echinokokkus granulosus (zystische Echinokokkose) bzw. den Fuchsbandwurm Echinokokkus multilokularis (alveoläre Echinokokkose) hervorgerufen wird.
Die Symptomatik kommt dabei durch die raumfordernde Wirkung von Zysten bzw. Larven zustande, welche sich in befallenen Organen herausbilden. Häufig bleibt die Infektion jahrelang unbemerkt und der Infektionsweg ist nicht mehr zu rekonstruieren.
Die Erkrankung wird in Deutschland seit 2001 meldepflichtig erfasst. Die Fallzahlen für das Jahr 2004 gibt das Robert-Koch-Institut mit 66 Fällen an zystischer, 16 Fällen an alveolärer und 15 Fällen an nicht differenzierter Echinokokkose erkrankter Personen an. Während die zystische Echinokokkose oft aus anderen Ländern - insbesondere der Türkei - importiert worden war, hatten sich die von der alveolären Echinokokkose Betroffenen fast ausschließlich in Deutschland infiziert. Man geht angesichts der oft nicht symptomatischen Erkrankung davon aus, dass die Dunkelziffer recht hoch ist.
Name | Hunde- bzw. Fuchsbandwurm |
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weitere Bezeichnungen | Echinokokkose |
Unterformen | zystische Echinokokkose (Hundebandwurm), alveoläre Echinokokkose (Fuchsbandwurm) |
Familie | Infektionskrankheiten |
Vorkommen | Hundebandwurm: weltweit Fuchsbandwurm: Mitteleuropa (Schweiz, Deutschland, Österreich und Frankreich), Osteuropa, Sibirien, Türkei, China, Japan, Alaska, USA und Kanada. |
Ursachen | Parasitäre Infektion |
Erreger | Echinokokkus granulosus (Hundebandwurm) bzw. Echinokokkus multilocularis (Fuchsbandwurm) |
Übertragungswege | Orale (über den Mund) Aufnahme von Bandwurmeiern, Schmierinfektion |
Risikofaktoren, Riskiogruppen | Kontakt zu den Endwirten von Hunde- bzw. Fuchsbandwurm und deren Ausscheidungen |
Inkubationszeit | frühe Symptome möglich, meist jedoch sehr lang (bis zu 15 Jahre) |
Krankheitszeichen (Symtome) | Die Symptome variieren je nach Art, Ausmaß und Lokalisation des Befalls sehr stark. Erste Symptome sind meist Druck und Schmerzen durch Größenzunahme der Larven; ggf. Stauungssymptomatik. |
Komplikationen | Platzen von Zysten des Hundebandwurms mit allergischer Reaktion bis hin zum Schock. Absiedelung in andere Organe. Fuchsbandwurm: Infiltratives Wachstum und Absterben des befallenen Gewebes. |
Diagnostik | Bildgebende Diagnostik v.a. Ultraschall, Laboruntersuchung, feingewebliche Untersuchung von Operationsmaterial |
Therapie | Hundebandwurm ggf. "Watch-and-wait"-Strategie. Medikamentöse Therapie mit Wurmmittel (Albendazol, Mebendazol), operative Entfernung der Zysten bzw. befallenen Organabschnitte. |
Verlauf, Prognose | Hundebandwurm: Bei Abwesenheit von Komplikationen (Riss, Absiedlung) relativ gut. Fuchsbandwurm: Unbehandelt führt die Erkrankung fortschreitend zum Tode. |
Vorsichtsmaßnahmen (Prophylaxe) | Expositionsprophylaxe, sorgfältige Hygienemaßnahmen (Hände, Nahrungsmittel), regelmäßige Entwurmung von Hunden im Endemiegebiet |
Ursachen/Erreger
Die zystische bzw. alveoläre Echinokokkose wird durch eine Parasiteninfektion mit Echinokokkus granulosus (Hundebandwurm) bzw. multilokularis (Fuchsbandwurm) ausgelöst.
Echinokokken zählen zu den Bandwürmern (Cestoden). Der Hundebandwurm ist vier bis sieben, der Fuchsbandwurm nur zwei bis vier Millimeter lang. Echinokokken unterliegen einem obligaten Wechsel des Wirtes. Die geschlechtsreifen Parasiten finden sich im Dünndarm der Endwirte, wozu vor allem hundeartige, seltener auch katzenartige Fleischfresser zählen. In einem sackförmigen Uterus befinden sich um die 200 (Fuchsbandwurm) und bis zu 1.500 (Hundebandwurm) Eier, die sich mit den Endgliedern des Bandwurms ablösen und mit dem Kot ausgeschieden werden. Natürliche Zwischenwirte sind in der Regel Schafe, Schweine, Nagetiere - oft Mäuse - oder andere Beutetiere der Endwirte. Sie nehmen die Eier über verunreinigte Nahrung auf. Im Darm schlüpfen die Larven, welche dann die Darmwand durchdringen und über das Blut in die Leber, gelegentlich in die Lunge und selten auch in andere Organe gelangen. Über die Aufnahme des larvenhaltigen, rohen Fleisches der befallenen Beute infizieren sich wiederum die fleischfressenden Endwirte.
Der Mensch kann ebenfalls mit Echinokokken infiziert und Träger des Larvenstadiums werden. Da er naturgemäß kein Beutetier der natürlichen Endwirte ist, wird er als Fehlzwischenwirt bezeichnet.
Übertragungswege
Bei der Echinokokkose handelt es sich um eine Zoonose, sie wird also von infizierten Tieren auf den Menschen übertragen. Natürlicher Wirt der Echinokokken sind vor allem hundeartige (Hunde bzw. Füchse), seltener katzenartige Fleischfresser. Übertragen werden Hunde- und Fuchsbandwurm durch die orale Aufnahme von Bandwurmeiern. Diese erfolgt in der Regel über Nahrung (z.B. Waldbeeren) oder Wasser, welches mit bandwurmeierhaltigem Kot der Endwirte verunreinigt sind. Darüber hinaus ist auch eine Infektion durch Kontakt mit dem Fell des Hauptwirtes oder verunreinigter Erde sowie eine Schmierinfektion möglich.
Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch kommt nicht vor.
Inkubationszeit
Die Inkubationszeit ist in den meisten Fällen sehr lang und beträgt in der Regel zwischen fünf und 15 Jahren. Nur selten gibt es frühe Symptome.
Anzeichen, Symptome
Die Symptome werden durch den Befall der Organe verursacht und variieren dementsprechend abhängig von Art, Größe und Sitz der Larven sowie der Reaktion des Organismus des Patienten erheblich. So kann es durch die Größenzunahme zu Druckgefühl und Schmerzen im betroffenen Organ kommen. Durch Druck auf Gefäße kann es zu Stauungen kommen, ein Einreißen einer Zyste kann erhebliche Funktionsstörungen des befallenen Organs bis hin zum allergischen Schock führen.
Hundebandwurm
Die Larven des Hundebandwurms finden sich vor allem in der Leber aber auch in der Lunge und seltener in anderen Organen. Sie entwickeln sich dort zu einer Zyste, die Hydatide genannt wird und vom Gewebe des befallenen Organs eingekapselt wird. Symptome kommen in der Regel erst ab einer gewissen Größenzunahme der Zysten zustande, die zum überwiegenden Teil in Leber (70 Prozent) und Lunge (20 Prozent) lokalisiert sind. Unklare Schmerzen und Druckgefühl sind oft erste Anzeichen. Auch eine Stauung von Gefäßen oder Gallenwegen kann durch den Druck einer Zyste vorkommen und zu Beschwerden führen. Gelegentlich werden die Zysten durch eine sekundäre Infektion mit Bakterien oder aber durch ein Einreißen mit nachfolgender allergischer Reaktion bis hin zum Schock symptomatisch.
Bei einem Sitz der Zysten in anderen Organen wie dem Gehirn oder dem Herzen oder auch im Knochen ist die Symptomatik entsprechend des Befalls lokalisiert und variiert sehr stark.
Fuchsbandwurm
Auch die Symptomatik alveolären Echinokokkose ist sehr variabel, wobei hier in erster Linie die Leber befallen ist. Im Gegensatz zu den Larven des Hundebandwurms bilden sich um die Larven des Fuchsbandwurms keine Kapseln, sie wuchern vielmehr ins Lebergewebe vor. Dementsprechend kommt es durch die Größenzunahme zu unklaren Oberbauchbeschwerden. Auch hier kann es durch Druck auf Gefäße und Gallengänge zu Stauungen und den entsprechenden Beschwerdebildern (Stau von Gallenflüssigkeit mit Gelbsucht, Leberhochdruck, sekundäre Leberzirrhose) kommen. Das befallene Lebergewebe kann nach und nach absterben. Durch das infiltrative Wachstum kann die Echinokokkose über die Blutwege aber auch die Lymphwege streuen und zu Absiedlungen beispielsweise im Bauchfell, in der Lunge und im Gehirn mit der entsprechenden Symptomatik führen.
Diagnose
Durch das stark variable Erkrankungsbild gibt es eine ganze Reihe von Differentialdiagnosen. Dazu gehören Zysten anderer Ursache, Abszesse sowie gut- und bösartige Tumoren. Für die alveoläre Echinokokkose ist der Leberzellkrebs die wichtigste Differentialdiagnose. Im Bereich der Lunge kann die Erkrankung mit einer Tuberkulose verwechselt werden. Darüber hinaus müssen natürlich die beiden Formen der Echinokokkose untereinander abgegrenzt werden.
Auch Laborverfahren zum Antikörpernachweis kommen zum Einsatz, sind jedoch nicht immer zuverlässig.
Nach einer Entfernung der Larven kann die Diagnose durch eine feingewebliche Untersuchung des Operationsmaterials gesichert werden.
Selten kann eine Punktion angezeigt sein und die Erkrankung durch eine mikroskopische Untersuchung des Punktats diagnostiziert werden.
Behandlung Allgemeines
Die Behandlung der Echinokokkose sollte in einem spezialisierten Zentrum durchgeführt und die Patienten engmaschig kontrolliert werden. Sie richtet sich nach Art und Ausmaß des Befalls.
Hundebandwurm
Verursachen die Zysten keine Beschwerden, so kann abgewartet und beobachtet werden. Es steht zudem eine medikamentöse Therapie mit dem Wirkstoff Albendazol, einem Wurmmittel (Anthelmintikum) aus der Gruppe der Benzimidazole, zur Verfügung.
Die Therapie muss engmaschig kontrolliert werden.
Je nach Stadium und Befall kann auch ein invasives Vorgehen angebracht sein. Dabei werden die Zysten nach einer Vorbehandlung mit Albendazol operativ entfernt. Eine weitere Möglichkeit ist die Punktion der Zysten und das Einbringen von hochprozentigem Alkohol zur Sterilisation, man spricht auch von "Punktion-Aspiration-Injektion-Reaspiration" (PAIR)
Fuchsbandwurm
Ist der Befall noch nicht zu ausgedehnt oder ungünstig lokalisiert, wird versucht, die Larven operativ zu entfernen. Zusätzlich wird für mindestens zwei Jahre eine medikamentöse Benzimidazol-Therapie durchgeführt (Albendazol, Mebendazol).
Die operative Entfernung der befallenen Organabschnitte ist bei der infiltrativ wuchernden alveolären Echinokokkose jedoch leider oft nicht mehr radikal möglich. In diesem Fall muss lebenslang medikamentös mit Benzimidazolen therapiert werden.
Es sind keine alternativen Behandlungsmöglichkeiten bekannt.
Verlauf, Prognose
Der Verlauf und die Prognose der Erkrankung richtet sich vor allem nach der Art, dem Stadium und der Lokalisation des Befalls und der damit verbundenen Therapierbarkeit.
Die zystische Echinokokkose kann sich gelegentlich ohne Therapie zurückbilden und ist, solange es nicht zu Komplikationen kommt, vergleichsweise gutartig.
Gefährlich ist das Einreißen von Zysten, wodurch es zu einer allergischen Reaktion bis hin zum anaphylaktischen Schock kommen kann.
Die alveoläre Echinokokkose kann durch das infiltrative Wachstum streuen und zu Absiedlungen beispielsweise im Bauchfell, in der Lunge und im Gehirn mit der entsprechenden Symptomatik führen. Unbehandelt schreitet die Erkrankung bis zum Tode fort.
Vorkommen
- Zystische Echinokokkose
Der Hundebandwurm ist nach Angaben der WHO endemisch im südlichen Südamerika, an der Mittelmeerküste, im Süden der früheren UdSSR, im mittleren Osten, in Südwest Asien, in Nordafrika, in Kenia, in Uganda, in Australien und Neuseeland.
- Alveoläre Echinokokkos
Der Fuchsbandwurm kommt nach Angaben der WHO nur in der nördlichen Hemisphäre vor. In Nordamerika findet man ihn in den subarktischen Regionen von Alaska und Kanada und in einigen nördlichen Bundesstaaten der USA.
Darüber hinaus kommt er in Mittel- (Schweiz, Deutschland, Österreich und Frankreich) und Osteuropa sowie in Asien und der früheren UdSSR vor. Weiterhin betroffen sind die Türkei, der Irak, der Norden von Indien, Japan und das zentrale China.
Risikogruppen
Das Hauptrisiko für einen Kontakt mit infiziertem Material besteht in den Endemiegebieten bei hygienisch eingeschränkten Bedingungen oder durch enge Kontakte zu den Endwirten und deren Ausscheidungen.
Ein besonderes Risiko besteht für Berufsgruppen, die vermehrt mit den Endwirten der Bandwürmer in Kontakt kommen, wie beispielsweise bei Jägern oder Waldarbeitern.
Diese müssen im Umgang mit toten Füchsen oder Marderhunden in den Endemiegebieten besondere Vorsichtsmaßnahmen beachten.
Vorsichtmaßnahmen/Prophylaxe
Die Basis der Erkrankungsprophylaxe besteht neben der Expositionsprophylaxe in der Einhaltung strikter Hygienemaßnahmen. Die Eier von Hunde- und Fuchsbandwurm sind zwar relativ widerstandsfähig gegen Desinfektionsmittel, kurzes Aufkochen tötet sie jedoch zuverlässig ab und auch Austrocknen vertragen sie im Gegensatz zu den meisten anderen Umwelteinflüssen nicht.
Hunde in Endemiegebieten sollten regelmäßig entwurmt werden.
Gegen eine Infektion durch den Verzehr rohen, infizierten Fleisches wird die so genannte Fleischbeschau durchgeführt. Dabei wird das für den Verzehr bestimmte Fleisch sorgfältig auf Echinokokkus-Befall untersucht. Schlachtabfälle müssen darüber hinaus sachgemäß entsorgt werden, um der Verbreitung der Erkrankung Einhalt zu gebieten.
Nahrungsmittel, die in Bodenähe wachsen sollten in Endemiegebieten beispielsweise durch Einzäunung zur Vermeidung des Kontaktes mit dem Kot von Bandwurmendwirten geschützt werden. Darüber hinaus sollten sie sorgfältig gereinigt und möglichst gekocht oder aber getrocknet werden.
Nach dem Kontakt mit derartigen Nahrungsmitteln oder mit möglicherweise verunreinigter Erde müssen die Hände gründlich gereinigt werden.
Naturheilkundliche Vorsichtsmaßnahmen, ErnährungEs sind keine naturheilkundlichen Vorsichtsmaßnahmen oder eine Vorbeugung durch eine spezielle Ernährung bekannt. Aufgrund der Gefährlichkeit der Erkrankung sollte von Experimenten bezüglich solcher Vorsichtsmaßnahmen in jedem Falle abgesehen werden!
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