Neukaledonien: Geschichte

Frühgeschichte

Neukaledoniens Inseln sind nicht vulkanischen Ursprungs wie die Nachbarinseln. Es spaltete sich vielmehr vor rund 250 Millionen Jahren von dem Urland Gondwana ab, so wie beispielsweise auch Neuseeland. Das führte zur Entwicklung einer eigenen Flora.So wachsen auf Neukaledonien ca. 3.500 unterschiedliche Pflanzenarten, von denen es zwei Drittel nur dort gibt. Um 1.500 v. Chr. erreichten die ersten Siedler aus Vanuatu die Inseln. Sie gehörten dem Kulturkreis der Lapita Kultur an, die ihren Namen nach einer archäologischen Ausgrabungsstätte in der Nähe von Koné auf der Hautpinsel Grand Terre erhalten hat. Die Lapita Kultur war von Töpferei mit besonderen Mustern geprägt. Anhand dieser Töpfereifunde lassen sich die Wanderbewegungen von Volksgruppen im Pazifikraum recht gut bestimmen und datieren. Die Lapita Kultur verbreitete sich von Neukaledonien aus im gesamten westlichen polynesischen Kulturkreis und verschwand dann um das Jahr 300 n. Chr.
Die Lapita Menschen waren Austronesier, die großes seefahrerisches Können besaßen und nicht zuletzt deswegen extrem mobil waren.

Vor der Ankunft von James Cook im Jahr 1774 gab es hier mehr als 300 Kanaken-Clans. Viele Petroglyphen, Stein-Gravuren mit symbolischen und geometrischen Motiven, die sich vor allem an der Küste von Poya befinden, zeugen von einer langen melanesischen Präsenz in diesem Gebiet. Das Musée de Nouvelle-Calédonie zeigt mit seiner Ausstellung die Schönheit dieser einfachen Kunst.

Die Europäer kommen

Auf seiner Reise mit seinem Schiff, der "Resolution", entdeckte James Cook (1728-1779) die Inseln im Jahr 1774 und benannte diese in Erinnerung an Schottland Neukaledonien. James Cook folgten dann Walfänger und Händler aus England und Amerika. Die Insel wurde 1853 von dem französischen Admiral Febvrier-Despointes in Besitz genommen und der Archipel kam daraufhin bald unter französischen Einfluss und wurde zu einer wichtigen Anlaufstelle für die Schifffahrt. In den großen Savannen-Gebieten hatte sich im Laufe der Jahre eine extensive Rinderhaltung mit großen Herden etablier.

Gleichzeitig entdeckte man riesige Rohstoffvorkommen, z. B. an Nickel. Mit den eintreffenden Siedlern, die sich auf Stammesland niederließen, wuchsen die Spannung zwischen den Neuankömmlingen und der ansässigen Kanak Bevölkerung. 1878 führte dies zu einer siebenmonatigen kriegerischen Auseinandersetzung. Mit den Einwanderungsgesetzten von1894 durch Gouverneur Feillet kamen Immigranten von Indonesien und Java, die überwiegend in den Minen beschäftigt waren.

Strafkolonie

Neukaledonien diente zudem Frankreich als Strafkolonie, so kamen am 9. Mai des Jahres 1864 die ersten Strafgefangenen auf die Insel Nou. Im Laufe von 33 Jahren wurden ca. 21.000 Verurteilte auf die Insel geschickt. Die ersten Ankömmlinge mussten u.a. das Gefängnis und die Kirche St. Joseph errichten. Neben Dieben und Prostituierten wurden auch politische Gefangene nach Neukaledonien geschickt, so beispielsweise die Communarden des Aufstandes von 1871, die jedoch im Jahr 1880 freigelassen wurden. Diesen folgten im selben Jahr die Aufständischen der Kabyle Revolte in Algerien. 1895 wurden auch sie amnestiert. Offiziell wurde das dann Gefängnis 1933 geschlossen. Den Entlassenen wurde die Rückkehr in das Heimatland jedoch extrem erschwert, da man die Anzahl der Bevölkerung auf den Inseln steigern wollte. Ehemalige Häftlinge mussten beispielsweise für die Reisekosten der Rückreise selbst aufkommen. Auf der anderen Seite wurden die Reisekosten ihrer Angehörigen nach Neukaledonien von den Behörden übernommen.

Fort Teremba
Mit dem Bau einer Militärfestung und eines Gefängnisses entlang der Bucht Uarai auf Grand Terre wurde 1871 unter dem französischen Gouverneur Eugène Gaultier de la Richerie begonnen. Die Festung wurde von den Sträflingen gebaut. Um die Festung herum entstand eine kleine Stadt mit einer Bibliothek, einer Kirche, einer Schule, einem Postamt, einem Marktplatz und einem Kai. Nach der Fertigstellung des Baus wurden die Männer hier inhaftiert. Nach der Revolte der Kanaken gegen die französische Kolonialherrschaft im Jahr 1878, als sie das Gefängnis belagert hatten, wurde die Festung weiter verstärkt, Das Fort wurde 1898 geschlossen

Missionare

Neukaledonien wurde von protestantischen Priestern aus Samoa, die der London Missionary Society angehörten, missioniert. Die ersten trafen im Jahr 1841 auf der île de Pines ein. Im Süden der Insel befinden sich bemerkenswerte Totems, die aus Holz geschnitzt wurden und ein Denkmal umrahmen, das an die Ankunft des ersten katholischen Missionars erinnern soll. Auf Grande Terre, der Hauptinsel, begannen die Franzosen im Nordosten mit der Missionierung. Eine ihrer wichtigsten Aufgaben war es – neben der Verkündigung der "Frohen Botschaft“ – den Frauen Büstenhalter zu verordnen und auch sonst eine strenge Morallehre zu verkünden. Als Lohn winkte ihnen der Einzug ins Paradies. Aber trotz ihres intensiven Bemühens war es den Missionaren nicht gelungen, die Menschen von ihren alten Sitten und Gebräuchen ganz zu trennen. Im Gegenteil, in jüngster Zeit spielen sie wieder verstärkt eine wichtige Rolle.

20. Jahrhundert bis heute

Im Zweiten Weltkrieg waren rund eine Million Amerikaner auf den Inseln stationiert. Mit diesen hielt das 20. Jahrhundert Einzug. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt die ehemalige Kolonie den Status eines französischen Überseeterritoriums. Die einheimische Bevölkerung wurde 1946 zu Franzosen und erhielt das Recht zu wählen. In den Jahren 1950-1960 brachte der Nickelabbau Reichtum auf die Insel.
Die Kanak Bevölkerung strebte zunehmend nach Unabhängigkeit, gerade auch mit Blick nach Fidschi und Papua Neuguinea, die 1970 bzw. 1975 ihre Unabhängigkeit erreicht hatten. In den Jahren 1984 und 1986 führte dies zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen der Kanak Bevölkerung und den Weißen. Als Folge dessen wurden Landreformen eingeleitet.

Neukaledonien war von 1946 bis 2003 ein französisches Überseegebiet und vorher war es eine französische Kolonie. Aufgrund der Änderung der französischen Verfassung vom 28. März 2003 ist das Archipel ab diesem Zeitpunkt eine zu Frankreich gehörige Überseegemeinschaft mit einem besonderem Status, so haben zwei Vertreter Neukaledoniens einen Sitz in der französischen Nationalversammlung. Es gehört nicht zur Europäischen Gemeinschaft (EU) und die Währung ist nicht der Euro, sondern der CFP-Franc, der jedoch fest an den Euro gekoppelt ist.

Nicht zuletzt wegen des Expansionsbestreben der Volksrepublik China spielt Neukaledonien für Frankreich im Indo-Pazifischen Raum eine strategisch zunehmend wichtige Rolle. Das zeigt sich u.a. an der ständigen Präsenz von rund 1.200 Soldaten aller Truppengattungen sowie der Gendarmerie. In Noumea befindet sich die Pointe Chalaix Marinebasis und bei Apron, nahe dem La Tontouta Inter-national Airport, wird von Frankreich ein Luftwaffenstützpunkt betrieben.

Trotz der moderner Entwicklung bestimmen noch immer die Kultur der Ahnen und uralte Gewohnheiten die sozialen Beziehungen der Menschen, die beispielsweise bei zahlreichen Festen ihren Ausdruck finden. Die Wirtschaft der Region basiert vor allem auf den reichen Mineralvorkommen, besonders Nickel ist hier verbreitet. Das Musée de Thio zeigt die Geschichte des Nickelabbaus in Neukaledonien. Weiter nördlich in Tiébaghi kann man in einem alten Minendorf vieles zum Nickelabbau erfahren. Aus der Kolonialzeit sind nach wie vor viele Gebäude erhalten, die vor allem in Nouméa noch zu sehen sind. Darunter sind u.:
• Château Hagen
• Ecomusée du café de Voh
• Fort Téremba
• Kirchen der Iles Loyauté
• Maison Musée de Thio
• Maison Célières
• Maison Higginson
• Musée de la Ville in Noumé
• Théâtre de l'île
• Village Minier de Tiébaghi

Ein faszinierender Neubau ist das nach Plänen des italienischen Architekten Renzo Piano (geb. 1937) im Jahr 1998 errichtete 7.650 m² große Centre Culturel Tjibaou in Nouméa. Das Gebäude erinnert an melanesische Hütten, so sind auf einem länglichen, flachen Gebäude zehn aufrecht stehende bis zu 28 m hohe, vielfach durchbrochene Schalen aus Holz-leisten angebracht. Der Fokus der hiesigen Ausstellung liegt auf der zeitgenössischen Kunst der Kanak, aber man findet auch Objekte aus anderen Regionen Ozeaniens. Auch die Kultur und Gebräuche der Kanaken sowie der Mythos von der Erschaffung des ersten Menschen findet der Besucher hier.

Am 5. Mai 1998 wurde das Abkommen von Nouméa unterzeichnet. Es war ein Regelwerk zwischen der französischen Regierung und den Vertretern verschiedener politischer Parteien in Neukaledonien. Darin wurde die Übertragung einer Reihe von Kompetenzen auf Neukaledonien festgelegt – ausgenommen waren jedoch die Verteidigung, Sicherheit, Justiz sowie die Finanzpolitik – einschließlich der Währung.

Im Jahr 2008 wurden die neukaledonischen Lagunen mit der Bezeichnung Riffdiversität und angeschlossene Ökosysteme in die Liste der UNESCO-Weltnaturerbestätten aufgenommen. Dabei wies die UNESCO darauf hin, dass es sich weltweit um die vielfältigsten Riffstrukturen handelt, die eines der drei ausgedehntesten Riffsysteme der Welt darstellen.
Die Lagunen sind nicht nur von außergewöhnlicher natürlicher Schönheit, sondern weisen auch eine außergewöhnliche Vielfalt an Korallen- und Fischarten auf und sind zudem die Lebensräume von Mangroven und Seegras. Unter den Tieren findet man hier u.a. Schildkröten, Wale oder Dugongs (Dugong dugon) - Seekühe. Unter einer Lagune versteht man ein relativ flaches Gewässer, das durch Sandablagerungen oder Korallenriffe – wie zum Beispiel bei einem Atoll (= ein ringförmiges Riff) – vom Meer größtenteils oder vollständig abgetrennt ist.

Unabhängigkeits-Referenden

Nach den Bestimmungen des Vertrags von Nouméa sollte zwischen 2014 und 2018 ein Referendum zur Unabhängigkeit von Neukaledonien stattfinden. Infolgedessen wurde sowohl 2018 als auch 2020 ein Referendum durchgeführt. Beide Referenden führten zu dem Ergebnis, dass man bei Frankreich bleiben wollte. Aufgrund des Ergebnisses hatte der Vertrag ein drittes Referendum vorgesehen, das am 12. Dezember 2021 stattfand. Auch bei diesem Referendum lehnte eine Mehrheit von 96,5% eine die Unabhängigkeit ab. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass ein großer Teil der einheimischen Kanak wegen der der COVID-19-Pandemie an dem Referendum nicht teilgenommen hatte.

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