Hamburger Speicherstadt, Kontorviertel und Chilehaus

Die Speicherstadt

Die Speicherstadt von Hamburg besteht aus zahlreichen auf Eichenpfählen errichteten Lagerhäusern im Stil der neugotischen Backsteinarchitektur.
Es sind dies 17 Speicherblöcke und ein knappes Dutzend weiterer Gebäude - wie das frühere Kesselhaus, das ehemalige Zollhaus sowie das Wasserschloss.

Nach längeren Auseinansetzungen hatte Hamburg am 25. Mai 1881 den Vertrag über seinen Zollanschluss an das Deutsche Reich unterschrieben und damit nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 seine jahrhundertlange Zollfreiheit aufgeben müssen, was nicht zuletzt zum Reichtum der Hamburger Kaufleute führte.

Die Stadt konnte jedoch die Zollverwaltung behalten sowie das Recht, ein Freihafengebiet festzulegen, wo auch weiterhin das Privileg der Hamburger Kaufleute gelten sollte, Importgüter zollfrei zu lagern und auch zu veredeln.
Dazu wurden 1883 auf den Kehrwieder- und Wandrahminseln rund 1.000 Häuser abgerissen und über 20.000 Einwohnern entschädigungslos vertrieben. Mit dem Bau wurde 1885 begonnen.

Am 15. Oktober 1888 wurde der Zollanschluss an das Deutsche Reich rechtswirksam und am 29. Oktober wurde dies in Gegenwart von Kaiser Wilhelm II. feierlich begangen und zudem ein Teil der neuen Speicherstadt als Freihandelszone eingeweiht.
Bis 1889 entstanden zwischen Kehrwiederspitze und Kannengießerort mit den Speicherblöcken A bis O rund 60% der Lagerflächen und von 1891 bis 1897 entstanden die Speicherblöcke P, Q und R. Und zwischen 1899 bis 1927 - durch den Ersten Weltkrieg und die Jahre der Inflation unterbrochen - wurden die Speicherblöcke S bis X fertiggestellt. Die Pläne zu weiteren Speicherblöcken wurden nicht verwirklicht.
Auf den Speicherböden lagerten vor allem Waren wie Tee, Kaffee und Gewürze, die dort auch veredelt und umgepackt wurden. Neben den Lagerräumen fand man hier Büroflächen sowie die Kontore der Lager- und Handelsfirmen, die sich meist in den unteren Geschossen der Blöcke H und O befanden.

Erwähnenswert zudem ist neue Verwaltungsgebäude der Hamburger Freihafen-Lagerhaus-Gesellschaft (HFLG), das 1904 u.a. nach Plänen des Hamburger Architekten Johannes Grotjan (1843-1922) errichtet wurde.

Da er und die anderen Architekten und Baumeister zudem am Bau des Hamburger Rathaus beteiligt waren, ähnelte der Verwaltungsbau bei St. Annen dem Hamburger Rathaus und wurde daher gerne als "Rathaus der Speicherstadt" bezeichnet.
Die HFLG und die staatliche Kaiverwaltung wurden 1935 zusammengelegt und 1939 zur Hamburger Hafen- und Lagerhaus-Aktiengesellschaft (HHLA) umbenannt.

Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs wurden infolge der alliierten Luftangriffe über 50 Prozent der Speicherstadt zerstört.
Nach dem Krieg wurden zuerst die Kaianlagen und danach die Speicher wieder instandgesetzt bzw. wieder aufgebaut

Seit dem 1. Januar 2003 gehört die Speicherstadt nicht mehr zum Gebiet des Freihafens.
Und zum 1. März 2008 wurde sie - gemeinsam mit dem Neubaugebiet auf dem Großen Grasbrook - zum Stadtteil HafenCity im Bezirk Hamburg-Mitte erklärt und gehört seit 2012 auch nicht mehr zum Gebiet des Hafens.
Ganz in der Nähe – in der HafenCity - befindet sich die Elbphilharmonie.
Die Speicherstadt steht seit 1991 unter Denkmalschutz und gehört seit dem 5. Juli 2015 zusammen mit dem Kontorhausviertel und dem Chilehaus zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Heutige Nutzung der Speicherstadt

Die Speicherstadt kann bei einer Sturmflut überflutet werden, wodurch sich die unteren Teile der Gebäude nicht zum Lagern von Waren eignen und daher nur der Vorbereitung zum baldigen Versand dienen.

Die heutige Nutzfläche der Speicherstadt beträgt ca. 300.000 m².
Man findet hier heutzutage zahlreiche Teppichhändler - darunter die größte Sammlung von Orientteppichen. Zudem Agenturen einige Museen, wie das Speicherstadtmuseum, das Zollmuseum und das Gewürzmuseum.

Auch die größte Modelleisenbahnanlage der Welt - das Miniatur Wunderland – findet man seit dem Jahr 2000 hier.
Zudem liegt hier das "Hamburg Dungeon", eine von Schauspielern dargestellte Mischung aus einem Gruselkabinett, Shows sowie Fahrgeschäften.
Am Neuen Wandrahm befindet sich seit 2006 der Hamburg Port Authority (HPA) – die Hamburger Hafenbehörde.
Besonders erwähnenswert ist, dass auf einer Fläche von rund 30.000 m² die Modebranche eine der größten Nutzer der alten Speicherböden ist.

Hinweis
Die Speicherstadt wird von allen Hafenrundfahrten-Anbietern durchfahren und ausführlich erläutert. Die Schiffe bzw. Barkassen fahren in der Regel von den St. Pauli-Landungsbrücken ab und enden dort auch wieder.

Fleete und Brücken

Die Speicherstadt liegt auf den früheren Elbinseln "Kehrwieder" und "Wandrahm" und wird von folgenden sechs Fleeten (Kanälen) durchzogen und wird zudem im Norden vom Zollkanal umflossen:

  • Brooksfleet
    Der Brooksfleet bildet ab der Sandbrücke die Verlängerung des Kehrwiederfleets und führt dann weiter bis zur Einmündung des Kleinen Fleets bei der Neuerwegsbrücke, wo es dann in das St. Annenfleet übergeht
  • Holländischer Brookfleet
    Das Holländischer Brookfleet ist ab der St. Annenbrücke bis zur Einmündung in das Wandrahmsfleet - vor der Poggenmühlenbrücke - die Verlängerung des St. Annenfleets.
  • Kehrwiederfleet
    Dieses Fleet beginnt zwischen der Kehrwiederspitze und dem Sandtorhöft und verläuft bis zur Sandbrücke, wo es in das Brooksfleet übergeht
  • Kleines Fleet
    Das Kleine Fleet bildet das Verbindungsfleet zwischen dem Zollkanal, dem Wandrahmsfleet und dem Brooksfleet - im Übergang zum St. Annenfleet
  • St. Annenfleet
    Dieses Fleet ist die Verlängerung des Brooksfleets und geht über in das Holländischer Brookfleet. Es verläuft parallel zu der Straße "Am St. Annenufer" - zwischen der Neuerwegsbrücke und St. Annenbrücke
  • Wandsrahmsfleet
    Dieses Fleet kommt vom Kleinen Fleet und fließt vor der Poggenmühlenbrücke mit dem Holländischbrookfleet zusammen - und zwar bis zum Zollkanal auf der Höhe der Oberbaumbrücke.

Brücken
Die Fleete und Wasserstraßen in und um die Speicherstadt werden durch 26 Brücken überquert, von denen 14 sogar unter Denkmalschutz stehen.

Kontorhausviertel mit Chilehaus

Unter dem Kontorhausviertel versteht man den südöstlichen Bereich der Hamburger Altstadt, der sich zwischen der Steinstraße, dem Klosterwall, der Brandstwiete (Alter Fischmarkt) und der Willy-Brandt-Straße erstreckt.
Man findet hier die großen Kontorhäuser (Bürogebäude) aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts, die im Stil des Backsteinexpressionismus errichtet wurden. Im Zentrum des Viertels befindet sich der Burchardplatz.
Die städtebaulichen Pläne zu dem Areal stammten von dem Architekten und Hamburger Hochbaudirektor Fritz Schumacher (1869-1947).
Das Kontorhausviertel wurde - zusammen mit der Hamburger Speicherstadt und dem Chilehaus - am 5. Juli 2015 in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten eingeschrieben.
Neben dem Chilehaus findet man hier - alphabetisch geordnet - noch folgende sehenswerte Gebäude:

Bartholomayhaus
Das Gebäude entstand zwischen 1938 und 1939 nach Plänen des Architekten Rudolf Klophaus (1885-1967) als letztes Kontorhaus im klassischen Stil für den Geschäftsmann Robert Bartholomay (1902-1967)
Heutzutage befindet sich in dem Gebäude mit seiner Fläche von rund 22.000 m² der Hamburger Verkehrs Verbund (HVV), außerdem findet man im Erdgeschoss ein Restaurant, ein Reisebüro und einige Läden
Das Gebäude steht seit 1999 unter Denkmalschutz
Steinstraße 5-7
20095 Hamburg

Chilehaus
Das Chilehaus entstand zwischen 1922 bis 1924 nach Plänen des Architekten und Baumeisters Fritz Höger (1877-1949) im Stil des Backsteinexpressionismus und gilt als Ikone des Expressionismus.
Der Bau verfügt über eine Bruttogeschossfläche von 36.000 m² - mit bis zu zehn Stockwerken. Auffallend ist die nach Osten weisende Spitze des Gebäudes, die an den Bug eines Schiffes erinnert..
Der heutige Eigentümer des Gebäudes ist der Immobilienfond der Union Investment Real Estate GmbH.
Im Erdgeschoss befindet sich seit Oktober 2001 u.a. ein Manufactum Warenhaus. In den anderen Räumlichkeiten

Der Name des Gebäudes rührt von dem Bauherrn - dem Hamburger Unternehmer Henry Barenz Sloman (1848-1931) her - der sein Vermögen durch den Handel mit Salpeter aus Chile erworben hatte.
Es wurde gegen Ende der 1990er Jahre umfassend saniert.
Fischertwiete 2
20095 Hamburg

Hubertushaus
Das Hubertushaus wurde 1931 nach Plänen von Max Bach und Fritz Wischer als Geschäftshaus errichtet.
Heutzutage befindet sich hier u.a. das Kundenzentrum der Techniker Krankenkasse Hamburg-Innenstadt
Steinstraße 27
20095 Hamburg

Miramar-Haus
Das Gebäude wurde zwischen 1921–22 nach Plänen von von Max Bach für die Handelsgesellschaft Miramar als Kontorhaus errichtet. Am Eingangsbereich befinden sich Keramiken von Richard Kuöhl.
Heutzutage befinden sich hier Büroräume und eine Wirtschaftsschule.
Schopenstehl 15
20095 Hamburg

Meßberghof
Der Meßberghof entstand zur gleichen Zeit wie das Chilehaus (1922-1924) nach Plänen von Hans (1881-1931) und Oskar Gerson (1886-1966). Das Gebäude hieß anfangs nach Albert Ballin, wurde aber 1938 nach der hiesigen Straße in "Meßberghof“ umbenannt.
Die Umbenennung ging auf die Nazis zurück, da Ballin jüdischer Herkunft war. Das Gebäude steht seit 1983 unter Denkmalschutz.
Ballin (1857-1918) war ein Hamburger Reeder und Generaldirektor der Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft (HAPAG), die er seinerzeit zur größten Schifffahrtslinie der Welt gemacht hatte.
Erwähnenswert sind die acht Figuren an der Fassade, die von dem Bildhauer Lothar Fischer (1933-2004) zwischen1996 bis 1997 erstellt wurden.
Heutzutage befinden sich hier u.a. Büros, Banken und ein Restaurant.
Meßberg 1
20095 Hamburg

Mohlenhof
Das Kontorhaus Mohlenhof wurde zwischen 1927 und 1928 nach Plänen der Architekten Rudolf Klophaus (1885-1957), Schoch und Erich zu Putlitz (1892-1945) errichtet.
Das Gebäude ist eines wenigen der Kontorhäuser, die den Zweiten Weltkrieg nahezu unbeschädigt überstanden hatten.
Es sei darauf hingewiesen, dass sich über dem Haupteingang des Gebäudes eine überlebensgroße Hermes-Skulptur des deutschen Bildhauers Richard Kuöhl (1880-1961) befindet.
Heutzutage hat hier u.a. eine Filiale der Hamburger Sparkasse ihren Sitz.
Burchardstr. 17
20095 Hamburg

Montanhof
Der Montanhof ist ein Klinkerbau mit Elementen des Art Déco. Das Gebäude wurde zwischen 1924 und 1926 nach Plänen der Architekten Hermann Distel (1875-1945) und August Grubitz für das Unternehmen Dobbertin & Co. bzw. die Reederei Komrowski errichtet.
Die Reederei Komrowski & Co hat hier immer noch ihren Sitz.
Kattrepel 2
20095 Hamburg

Pressehaus
Das Gebäude wurde 1938 nach einem Entwurf des Architekten Rudolf Klophaus (1885-1957) für die NS-Zeitung das "Hamburger Tageblatt" errichtet.
In dem Gebäude hatten von 1952 bis 1969 "Der Spiegel" und der "Stern" ihre Redaktionen. Heutzutage befindet sich hier noch die Redaktion der Wochenzeitschrift "Die Zeit".
Das Gebäude steht seit 1999 unter Denkmalschutz.
Speersort 1
20095 Hamburg

Sprinkenhof
Der Sprinkenhof entstand nach Plänen von von Hans und Oskar Gerson zusammen mit Fritz Höger zwischen 1927 bis 1943. Das neunstöckige Gebäude war seinerzeit der größte Bürokomplex in Hamburg.
Erwähnenswert ist, dass sich das Gebäude um drei Innenhöfe erstreckt. Von 1999 bis 2002 wurde der Sprinkenhof umfassend saniert.
Heutzutage befinden sich hier u.a. Büros, eine Dienststelle des Hamburger Innensenators und ein Restaurant
Burchardstraße 8
20095 Hamburg

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