Hinduismus

Der Hinduismus ist u.a. die religiöse bzw. spirituelle Grundlage des größten Teils der Bevölkerung von Indien. So bekennen sich in dem Land ca. 850 Mio. und damit ca. 83 % der Bevölkerung zu dieser Religion, von insgesamt fast 900 Millionen Hindus weltweit. In deutschland bekennen sich ca. 90.000 Menschen zu dieser Religion. Insgesamt verteilen sich die Hindus in der folgenden Weise auf die folgenden Länder:

Land Anzahl in Millionen
Indien 850
Nepal 19,5
Bangladesch 16,5
Sri Lanka 1,5
USA 1,10
Großbritannien 0,9
Südafrika 0,7
Bhutan 0,2

Was versteht man unter Hinduismus?

Der Hinduismus ist eine Vielgötterreligion, die in erheblicher Weise das gesamte gesellschaftliche und politische Leben ihrer Angehörigen prägt. Der hinduistischen Lehre nach existiert eine ewige Weltordnung, die alles beherrscht und der sich alles unterordnet. Neben dieser Weltordnung als oberstem Prinzip existieren hunderte, mit allen Dorf- und Regionalgöttern wahrscheinlich über 1.000 Götter.

Historische Entwicklung

Man geht davon aus, dass die ersten Ursprünge dieser Glaubensrichtung bzw. Religion zwischen 3.500 und 4.000 Jahre alt sind. Der Beginn datiert etwa auf das Ende der Indus-Kultur in Indien (ca. 2.600 v.Chr. bis ca. 1.800 v.Chr.). Man nimmt an, dass um diese Zeit so genannte Arier nach Indien eingewandert waren und diese Glaubensrichtung erheblich mitgeprägt hatten.

Wahrscheinlich führten Klimaveränderungen dazu, dass zwischen 2.000 v.Chr. und 1.800 v.Chr. weite Teile Zentralasiens unter Wassermangel litten und versteppten. Bei den Ariern handelte es sich um kriegerische Hirten-Nomaden, die in mehreren Einwanderungswellen das sehr fruchtbare Land zwischen dem Indus und dem Golf von Bangladesch besiedelten. Auf Grund ihrer Herkunft und ihrer Lebensweise besaßen sie für das tägliche Leben bzw. Überleben zahlreiche Götter. Ihre Überlieferungen waren als Nomadenvolk ursprünglich nur mündlich und auch vielen Variationen unterworfen.

Diese kriegerischen, mehr hellhäutigen Eindringlinge unterwarfen sehr schnell die dunkelhäutigere und sesshafte einheimische Bevölkerung und degradierte sie zu Knechten und Dienern. Dabei ließen die neuen Herren die alten Götter aber nicht nur bestehen, sondern übernahmen sie ganz bzw. teilweise in ihre eigenen Gottesvorstellungen. Diese Tradition, altes mit neuem zu verbinden, weiter zu entwickeln und einzubeziehen, hat den Hinduismus bis heute geprägt. Der Vorteil, große Toleranz gegenüber allen möglichen neuen Gottheiten walten zu lassen, ist aber andererseits durch eine kaum überschaubare Anzahl an Göttern in Frage gestellt.
Infolge dieses "Götterchaos" wurden Priester, die sich darin auskannten, immer unverzichtbarer und wichtiger. Die Priesterkaste des Hinduismus wurde daher zur mächtigsten, einflussreichsten und angesehensten Kaste.

Dieser übermäßige Einfluss der Priesterkaste, der Brahmanen, aber auch die theologische Frage, woher denn diese vielen Götter selber eigentlich stammten, führte zu einer durchgreifenden Reformbewegung. Die Lösung wurde in einer Art "Ursein", dem Brahman gefunden, das ewig, unvergänglich und einzigartig ist. Dieser Weltengeist durchdringt alles. Der Mensch wird sich dem Glauben des Hinduismus nach am Ende der Lebenskreisläufe von Geburt, Leben, Tod und Wiedergeburt irgendwann mit ihm vereinen und eins mit ihm werden.
Für die gebildeten Schichten bedeutete diese Reform im Grunde den Übergang zu einem Monotheismus, obwohl die zahlreichen Götter vor allem für die einfachen Menschen blieben. Diese Götter waren ab dieser Zeit sozusagen eine Art ausführendes Organ einer höheren Macht.

Eine ganz große Rolle spielt die Wiedergeburt, auch im heutigen Hinduismus. Dabei ist das Leid eines Menschen stets die Folge des Verhaltens im früherem Leben. Diese Karma genannten Tatfolgen erklären, dass jede Handlung eines Menschen nicht nur eine Wirkung nach außen zur Folge hat, sondern auch das Innere des Menschen, eben sein Karma, prägt. Das Karma bestimmt damit, wie eine Art innerer Programmierung, Glück und Leid im nächsten Leben.

Götter im Hinduismus


Trotz der Existenz eines alles beherrschenden und durchdringenden Weltengeistes gibt es eine große Anzahl von Göttern, die für den gläubigen Hindu eine besondere Rolle spielen. Neben den unten dargestellten Göttern gibt es mit allen auch regionalen und dörflichen Göttern bestimmt über 1.000:

Brahma
Er ist einer der Hauptgötter des Hinduismus und verkörpert das Prinzip der Schöpfung. Gemeinsam mit Vishnu und Shiva bildet er die so genannte Trimurti, in der sich die Vereinigung der Erschaffung, Erhaltung und Zerstörung/ der Welt symbolisiert die Brahmanen bilden die höchste Kaste im Hinduismus und stellen aus ihren Reihen die meisten Priester. Aber im heutigen Indien findet man sie auch in vielen anderen Berufen.

Ganesha
Der Gott mit dem Elefantenkopf und vier Händen. Er ist der Sohn von Shiva und Parvati. Er gilt als Gott der Klugheit, der Wissenschaft und der Politik.

Sein Raubtier ist die schlaue und listige Ratte. Die Menschen beten zu ihm um Beistand für Erfolg und Fruchtbarkeit und im Kampf gegen zahlreiche Widrigkeiten. Im Rausch soll ihn sein Vater Shiva den Kopf abgeschlagen haben, und als er bemerkte, was er da getan hatte, ihm stattdessen einen Elefantenkopf aufgesetzt haben.

Vishnu, Krishna
Für die Anhänger von Vishnu ist er der oberste Gott, der stark und mächtig, aber gleichzeitig auch gütig und milde ist und auch als Gott der Bewahrung gilt. Er tritt häufig symbolisch als Gott auf der Weltenschlange ruhend auf, als König der Welt. Seine Frau Lakshmi ist die Göttin des Glücks und der Schönheit. Insgesamt soll er über 16.000 Frauen gehabt haben bzw. haben. Wenn die von ihm geschaffene Ordnung in Gefahr war, begab er sich auch in Mensch- oder Tiergestalt auf die Erde. Seine Reinkarnation soll der Gott Krishna sein, der sinnenfreudige Hirtengott, dem griechischen Gott Bacchus vergleichbar. Es gibt übrigens insgesamt neun Reinkarnationen von Vishna, die neunte und bisher letzte ist Buddha (560 v.Chr.-480 v.Chr.). Die 10. Reinkarnation wird für das Ende aller Zeiten erwartet.

Shiva
Der Gott Shiva gilt u.a. als der Zerstörer.

Er hält einen Dreizack in den Händen, der ihn als Schöpfer, Erhalter aber eben auch Zerstörer ausweist. Es ist von Interesse, dass Shiva zum "Lieblingsgott" der Hippikultur wurde, die Ende der 60-er Jahre u.a. nach Goa reiste.

Der Grund für diese Verehrung ist sicherlich vor allem darin zu finden, dass eine der dem Gott zugeordneten Pflanzen das Hanf bzw. Marihuana war bzw. ist.

Gesellschaftliche Ordnung

Der Hinduismus ist die Quelle des Kastenwesens, das in Indien immer noch in erheblichem Maße das gesellschaftliche Leben prägt, obwohl es von der Verfassung her abgeschafft wurde. Innerhalb der Familie besitzt der Mann die dominierende Rolle, er ist das Oberhaupt und sein Wort gilt. Die Frau hat sich ihm zu unterwerfen. Früher ging das soweit, dass die Frau ihrem verstorbenen Mann folgte und zwar dadurch, dass sie sich bei dessen Beerdigung lebendig verbrennen ließ. Diese "Witwenverbrennungen" sind aber sogar heute nicht völlig verschwunden.

Das oberste Ziel für die Frau in einer Ehe besteht in der Geburt möglichst vieler Söhne. Mädchen besitzen einen geringeren Wert, was oft zur Abtreibung von Mädchen führt, wenn deren Geschlecht, z.B. mittels einer Ultraschalluntersuchung, vor der Geburt festgestellt worden ist. Zu großen Problemen führt die bei einer Hochzeit erforderliche Mitgift für die Frauen. Diese Mitgift, die an die Familie des Bräutigams zu entrichten ist, führen die Familie der Bräute oft in den finanziellen Ruin oder es kommt zu schweren Übergriffen. Nicht selten werden sogar Mitgiftmorde bekannt.
Erwähnenswert ist, dass bestimmte Meditationen, wie z.B. Yoga, eng mit dem Hinduismus verbunden sind.

Schriften


Die ältesten schriftlichen Überlieferungen sind die so genannten Veden, die Heiligen Schriften. Die Veden stammen etwa aus der Zeit um 1200 bis 1000 v.Chr.
Weitere Schriften sind:

  • Sutras
    Die Sutras sind eine Art Leitfaden. Das bekannteste ist sicher das Buch Kama Sutra, das als Standardwerk der sexuellen Liebe betrachtet wird. Es stammt aus der Zeit um 250 n.Chr. Seine erste Übersetzung ins Englische stammt übrigens von Sir Richard Francis Burton (1821-1890) aus dem Jahr 1883.
  • Shastras sind spezielle Lehrbücher
  • Puranas sind alte Erzählungen
  • Tantrische Schriften
    Tantra stammt aus den Sanskrit und bedeutet u.a. "Zusammenhang". Diese Schriften stammen aus dem 2. Jahrhundert n.Chr.

Sikhs, Sikhismus

Entgegen der Auffassung vieler gehören die Sikhs einer eigenen Relgion an, die durch den Guru Namak (1469-1539) , der um 1496 eine Erleuchtung hatte, begründet wurde.
Es gibt weltweit ca. 20 Millionen Sikhs, von denen etwa 15 Millionen im Pandschab, im Norden Indiens leben. Ihr größtes Heiligtum ist der "goldene Tempel" in Amritsar. ISie gelten als sehr kriegerisch und fühlen sich strengen Regeln verpflichtet. Diese von dem Nachfolger Namaks, dem Guru Gobind Singh, im Jahr 1699 aufgestellten Regeln verbieten u.a. Alkohol, Drogen und auch den Tabakgenuss. Grundgedanke des Glaubens der Sikhs ist die völlige Einheit von Materiellem, Seele und Geist sowie Männlichem und Weiblichem. Alles Leben ist Teil eines ewigen Kommen und Vergehens. Im Kult des Tantra der sexuellen Vereinigung wird der Körper als Mittel der Offenbarung der allumfassenden kosmischen Kraft betrachtet.

Jainismus


Eine weitere wichtige Glaubensrichtung des Hinduismus ist der Jainismus. Ihre religiös-geistigen Führer besitzen den Ehrentitel Überwinder, was im Sanskrit Jina heißt. Hieraus leitete sich der Begriff Jainismus ab. Dieser Glaubensrichtung gehören nur rund 6 Millionen Menschen an. Der Jainismus zeichnet sich insbesondere durch eine völlige Gewaltlosigkeit aus, und zwar gegenüber allem Leben. Daher leben Menschen dieser Glaubensrichtung auch vegetarisch, da das Töten von Tieren verboten ist. Wichtig ist, dass im Jainismus das sonst übliche Kastenwesen strikt abgelehnt wird.

Sanskrit


Unter Sanskrit versteht man die alte klassische Kultursprache Indiens, deren Ursprünge etwa auf die Zeit um 1.500 v.Chr. zurückgehen. Heutzutage spielt sie in Indien eine vergleichbare Rolle wie im Abendland das Latein oder Altgriechisch.

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