Strahlenbelastung beim Fliegen

Eine erhöhte Strahlenbelastung ist beim Fliegen auf längeren Strecken in größeren Höhen (über 8.000 m) zu erwarten - aber nicht in kleineren Sportmaschinen oder auf kürzeren Flügen in Linienmaschinen. Für die Strahlenbelastung von Passagieren auch bei Langstreckenflügen gilt, dass kaum ein erhöhtes Gesundheits-Risiko besteht, auch nicht für Schwangere.

Rechenbeispiel
In Deutschland und den meisten Ländern der Erde ist der Mensch auf Meereshöhe einer jährlichen mittleren natürlichen Strahlenbelastung - bestehend aus Höhenstrahlung (kosmische Strahlung), terrestrischer Strahlung und inkorporierter Strahlung - von rund 2,2 mSv (1 mSv = 10-3 Sv = 1 Tausendstel Sievert) ausgesetzt. Die Einheit Sievert (Sv) bzw. Millisievert (mSv) stammt aus dem Strahlenschutz und ist ein Maß für die "biologische Wirkung von Strahlung". Die Höhenstrahlung beträgt auf Höhe Null etwa 0,03 µSv. In einer Höhe von 5.000 m etwa 0,3 µSv und in 9.000 m rund 2 µSv. In 15 km Höhe ist sie bereits auf ca. 15 µSv angestiegen

In einer Flughöhe von z.B. 12.000 m beträgt die Strahlung aus dem Weltraum (kosmische Strahlung) - zu 85% Neutronen - innerhalb eines Flugzeugs im Mittel etwa 11 µSv (1 µSv = 10-6 Sv = 1 Millionstel Sievert) pro Stunde. Diese Strahlenbelastung gilt so jedoch nur für Flüge in höheren geografischen Breiten und beginnt bei einer geografischen Breite von etwa 60° und bleibt dann bis hin zu den Polen in etwa konstant. Am Äquator und in dessen Umgebung ist diese Strahlenbelastung um etwa das 3 bis 4-fache geringer.

Als Beispiel für eine relativ lange Flugdauer sei ein Flug von London nach Auckland auf Neuseeland mit einer aufgerundeten Flugzeit von insgesamt rund 24 h betrachtet. Mit dem Rückflug sind das zusammen rund 48 h Flugzeit. Für die zusätzliche Strahlenbelastung bei einem derartigen Fluge ergibt sich:
48 h · 11 · 10-6 Sv/h

Damit folgt aufgrund eines 48-stündigen Fluges eine Strahlenbelastung von:

Strahlenbelastung = 528 μSv = 0,528 mSv

Die bei einem 48-stündigen Flug entstandene Strahlenbelastung beträgt somit rund 0,53 mSv. Dies ist rund ein Viertel der natürlichen Strahlenbelastung von 2,2 mSv, der man im Mittel auf Meereshöhe im ganzen Jahr ausgesetzt ist. Von dieser zusätzlichen Strahlenbelastung geht keine nennenswerte Gefährdung aus, zumal sie noch innerhalb der Schwankungsbreite der jährlichen natürlichen Strahlenbelastung auf dem "Erdboden" liegt Tatsächlich ist die Belastung geringer, da der Flug nicht in Breiten über 60° erfolgt.
Das fliegende Personal der Lufthansa bei Langstreckenflügen pro Jahr nicht mehr als 575 h in der Luft. Das kann bei anderen Airlines davon abweichen. Die zusätzliche Strahlenbelastung wäre unter diesen Bedingungen damit:

575 h · 11 µSv/h = 6.325 µSv = 6,325 mSv

Das Kabinenpersonal wäre unter diesen Voraussetzungen somit einer zusätzlichen Strahlenbelastung ausgesetzt, die etwas mehr als das Dreifache der natürlichen jährlichen Strahlenbelastung auf Meereshöhe beträgt.

Hinweis
Bei besonders starken Sonnenaktivitäten kann die Strahlenbelastung in der Maschine einige mSv/h = 1.000 µSv/h betragen.

Gesetzliche Grundlagen
Nach der EU-Richtlinie 96/29 EURATOM wird eine Strahlenschutzüberwachung des fliegenden Personals verlangt. In Deutschland wurde diese Forderung in § 103 der Strahlenschutzverordnung in nationales Recht umgesetzt. Demnach ist das fliegende Personal dann zu überwachen, wenn es in einem Beschäftigungsverhältnis entsprechend dem deutschem Arbeitsrecht steht und wenn während der Flüge durch Höhenstrahlung eine effektive Dosis von mehr als 1 Millisievert im Kalenderjahr erhalten kann.
Für diesen Personenkreis müssen die Fluggesellschaften daher seit August 2003 die Dosiswerte ermitteln und durch eine entsprechende Planung des Personaleinsatzes und der Flugrouten die Strahlendosis ihrer Beschäftigten ggf. reduzieren.
Es sei darauf hingewiesen, dass die jährliche Strahlenbelastung von beruflich strahlenexponierten Personen (Medizinphysiker, Radiologen, MTRA's oder auch Chirurgen, Anästhesisten oder fliegendes Personal) eine Äquivalentdosis von 20 mSv pro Jahr nicht überschreiten darf.
Die rund 36.000 überwachten Personen des fliegenden Personals gehören zu der am meisten beruflich strahlenbelasteten Personengruppe überhaupt - noch vor dem Personal in der Medizin oder in Kernkraftwerken.
Für die Astronauten, z.B. in der ISS, gelten gesonderte Regeln.

§ 103 Schutz des fliegenden Personals vor Expositionen durch kosmische Strahlung
(1) Wer Flugzeuge, die in der deutschen Luftfahrzeugrolle nach § 3 des Luftverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. März 1999 (BGBl. I S. 550) in der jeweils geltenden Fassung eingetragen sind, gewerblich oder im Rahmen eines wirtschaftlichen Unternehmens betreibt, oder wer als Unternehmer mit Sitz im Geltungsbereich dieser Verordnung Flugzeuge betreibt, die in einem anderen Land registriert sind und Personal, das in einem Beschäftigungsverhältnis gemäß dem deutschen Arbeitsrecht steht, einsetzt, hat die effektive Dosis, die das fliegende Personal durch kosmische Strahlung während des Fluges einschließlich der Beförderungszeit nach § 4 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät vom 12. November 1974 (BGBl. I S. 3181), die zuletzt durch die Verordnung vom 6. Januar 1999 (BAnz. S. 497) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung erhält, nach Maßgabe des Satzes 2 zu ermitteln, soweit die effektive Dosis durch kosmische Strahlung 1 Millisievert im Kalenderjahr überschreiten kann. Die Ermittlungsergebnisse müssen spätestens sechs Monate nach dem Einsatz vorliegen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Flugzeuge, die im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung betrieben werden.
(2) Für das fliegende Personal beträgt der Grenzwert der effektiven Dosis durch kosmische Strahlung 20 Millisievert im Kalenderjahr. Der Pflicht zur Dosisreduzierung nach § 94 kann insbesondere bei der Aufstellung der Arbeitspläne und bei der Festlegung der Flugrouten und -profile Rechnung getragen werden.

Feststellung der Strahlendosis
Wegen der anderen Zusammensetzung der Höhenstrahlung in 12.000 m können übliche Dosimeter nicht verwendet werden. Stattdessen wird die Dosis mittels eines behördlich zugelassenen Rechenprogramms ermittelt. In das Programm gehen u.a. die Flugrouten, die Flugzeiten und die Flughöhe ein. Diese Werte werden in einem Strahlenschutzregister gespeichert.

Hautkrebs durch UV-Strahlung
Eine Studie an rund 266.000 Teilnehmern hat ein erhöhtes Hautkrebsrisiko durch UV-Strahlung für Piloten und Kabinenpersonal ergeben.
Das verwendete Verbundglas in den Flugzeugen lässt noch ca. 54% der in großen Höhen besonders starken UV-Strahlung (UV-A) durch, während Glas aus Polycarbonaten die Strahlung fast nahezu absorbiert.
Die Studie hatte bei Piloten ein rund 2,2 faches Risiko für die Entstehung des schwarzen Hautkrebses (Melanom) und beim Kabinenpersonal vom rund 2,1 fachen beobachtet.

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