Gliederung, Taxonomie
Die Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) gehören zur Gattung Oryctolagus in der Familie der Hasen (Leporidae) in der Ordnung der Hasenartigen (Lagomorpha). Sie bilden die einzige Art der Gattung. Feldhasen und Wildkaninchen können keine Jungen zeugen
Ordnung | Hasenartige (Lagomorpha) |
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Familie | Hasen (Leporidae) |
Gattung | Oryctolagus |
Art | Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) |
Ausländische Bezeichnungen
- Englisch: Wild rabbit
- Französisch: Lapins sauvages
- Italienisch: Conigli selvatici
- Spanisch: Conejos silvestres
Aussehen, Merkmale
Das Fell der Wildkaninchen ist graubraun, während es im Nackenbereich braun bis rostrot gefärbt ist. Ihre Kopf-Rumpf-Länge liegt zwischen 35 und 45 cm, mit einem 4 bis 7 cm langen Schwanz. Im Gegensatz zum Feldhasen sind die 6 bis 8 cm langen Ohren relativ kurze Ohren. Mit einem Gewicht zwischen 1,3 bis 2,2 kg kleiner. Zudem haben die Tiere kürzere Hinterbeine als die Feldhasen
Vorkommen
Im Mittelalter wurden die Tiere aus ihren ursprünglichen Herkunftsländern auf der Iberischen Halbinsel, Südfrankreich und Nordafrika nach Frankreich und auf die Britischen Inseln gebracht. In der frühen Neuzeit waren sie nach Deutschland, 1934 auf die Insel Sweti Iwan in Bulgarien sowie auf viele weitere Inseln gebracht worden. Im 18. und 19. Jahrhundert wurden sie in Australien und Neuseeland ausgesetzt, wo sie sich teilweise zu einer regelrechten Plage entwickelt hatten. Darüber hinaus wurden sie in Südafrika und Nordamerika eingeführt sowie Mitte des 20. Jahrhunderts auch in Südamerika, Außerdem findet man die Wildkaninchen - mit Ausnahme des mittleren und nördlichen Skandinaviens und Island - in ganz Europa. Zudem auf zahlreichen Inseln im Pazifik, vor der afrikanischen Küste sowie in der Karibik
Lebensweise, Nahrung
Die Wildkaninchen leben in mehr oder weniger großen Kolonien und legen unterirdische Bauten, vorzugsweise in sandigem, lockerem Böden, an. Die Gänge können bis zu 3 m tief in den Boden hineinreichen und durchaus eine Länge über 40 m erreichen. Sie sind dämmerungsaktiv, manchmal kann man sie jedoch auch am frühen Morgen, in Städten, wo sie als Kulturfolger leben, auch tagsüber beobachten. Bei Gefahr können sie laut pfeifen und mit ihren Hinterläufen weithin hörbar auf die Erde trommeln. Wildkaninchen sind Pflanzenfresser, die sich vorwiegend von Gräsern, Kräutern und Blättern ernähren. Gelegentlich verzehren sie auch Rinden und Zweige.
Fortpflanzung, Jungtiere
Die weiblichen Kaninchen haben keinen regelmäßigen Sexualzyklus, sodass sich jeweils oft sieben bis zehn fruchtbare Tage mit ein bis zwei unfruchtbaren Tagen abwechseln. Während der so genannten Rammelzeit kommt es unter den Männchen zu Kämpfen um die Weibchen. Bei diesen Auseinandersetzungen kommt es dazu, dass sich die Tiere gegenseitig Haarbüschel ausreißen, die von den Jägern als Rammelwolle bezeichnet werden. Daher werden die Männchen auch als Rammler bezeichnet Das Weibchen kann mit fünf bis sieben Würfe pro Jahr Junge zur Welt bringen. Nach einer Tragzeit zwischen vier und fünf Wochen bringt das Weibchen durchschnittlich fünf bis sechs - selten bis zu neun Junge zur Welt.
Für die Geburt legt das Weibchen einen eigenen Bau abseits vom Gemeinschaftsbau der Gruppe an, die so genannte Setzröhre, dessen Eingang sie mit Gras und Blättern schützt, darüber scharrt sie Erde darüber. Die Jungen sind nach der Geburt ohne Fell und blind und wiegen rund 40 bis 50 g. Nach zehn Tagen öffnen sie die Augen, mit drei Wochen verlassen sie erstmals die Setzröhre und nach vier Wochen werden sie von der Muttermilch entwöhnt. Obgleich sie schon früher geschlechtsreif werden, pflanzen sich die meisten Tiere erstmals in ihrem zweiten Lebensjahr fort. Die Lebenserwartung der Tiere liegt bei höchstens neun Jahren, aber viele Jungtiere überleben bereits den ersten Winter nicht
Feinde und Krankheiten
Neben dem Menschen sind ihre natürlichen Feinde Rotfüchse, Marder, Wiesel, Iltissse und Hermelin, Luchse und Wölfe sowie Greifvögel und Eulen. Die Myxomatose, eine durch den Pockenerreger Leporipoxvirus myxomatosis hervorgerufene Viruserkrankung, dezimiert die Bestände teilweise ganz erheblich. Das Virus führt zu einem starken Anschwellen der Schleimhäute.
Die Sterblichkeit bei dieser Erkrankung liegt bei 40 bis 60%. Allerdings hat die Chinaseuche (RHD= Rabbit hemorrhagic disease) eine Sterblichkeitsrate von 100%.
Besonderheiten
Verdauung
Der Dünndarm der Kaninchen erreicht eine Länge von etwa 3 bis 3,5 m. Aufgenommene Nahrung wird nicht nur im Magen, sondern vor allem in dem sehr großen Blinddarm gespeichert, wo die schwerverdaulichen Pflanzenbestandteile durch die Darmflora fermentiet wirdfermentiert. Die Darmflora besteht vor allem aus Bacteroides.
Bekämpfung der Tiere
Da es in Australien kaum natürliche Feinde der Kaninchen gibt, führte das zu einer sehr starken Vermehrung. Da alle Maßnahmen die Populationen einzudämmen ziemlich erfolglos geblieben waren, infizierte man deshalb 1951 die Tiere mit dem Myxomatosevirus. Da die Tiere jedoch in den 1970er Jahren eine Resistenz gegen das Virus entwickelt hatten, wurde dann 1995, das Calicivirus, das die Chinaseuche auslöst, freigesetzt.
Der Franzose Paul-Félix Armand-Delille (1874–1963) war maßgeblich dafür verantwortlich dass die Wildkaninchen in Europa erheblich dezimiert wurden – u.a. mit weitreichenden Folgen für den Bestand der Luchse, zu deren Beute die Tiere zählen. Er hatte, um die starke Vermehrung der Tiere auf seinem Landbesitz einzuschränken, im Juni 1952 zwei Wildkaninchen mit einem brasilianischen Myxomatosevirus infiziert. In den folgenden zwei Jahren hatte sich der Erreger dann über große Teile von Europa ausgebreitet.
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