Sudan: Geschichte

Bis etwa zum Jahr 1000

Etwa zwischen 2500 und 1500 v. Chr. bestand auf dem Gebiet des heutigen Sudan das Reich Kerma, das sich bis zur Südgrenze Ägyptens ausdehnte und die älteste spezifisch afrikanische Hochkultur darstellte. 2000 v. Chr. wurde es von den Pharaonen geschlagen, der nördliche Teil des Landes gelangte zwischen 1500 und 1000 v. Chr. unter ägyptischen Einfluss.

Etwa 1000 v. Chr. wurde das Reich Kusch mit der späteren Hauptstadt Meroe gegründet, das im 7. Jh. v. Chr. das ägyptische Reich eroberte und die 25. Pharaonendynastie stellte. Es existierte bis zum 3. Jh. v. Chr. und verfügte über einen großen Reichtum an Gold sowie eine starke Militärmacht.

Vom Jahr 1000 bis zum 19. Jahrhundert

Im 4. Jh. n. Chr. begann die Christianisierung Nubiens.
1315 erfolgte die Islamisierung der nördlichen Landesteile.
Ab 1504 begann im Süden, nach dem Zusammenbruch des letzten christlichen Reiches Alwa, ebenfalls die Verbreitung des Islam.

Etwa in der Zeit von 1500 bis 1800 wurden durch die arabischen Stämme verschiedene islamische Scheichtümer wie beispielsweise das Fung-Reich gegründet. Ende des 18. Jh. eroberte Mohamed Ali den Sudan. Unter der ägyptischen Herrschaft wurde in der Region hauptsächlich Handel mit Sklaven und Gold betrieben.

Eine von dem sudanesischen religiösen Führer Muhammad Ahmad (al-Mahdi) gegründete Bewegung erreichte bis 1885 den Rückzug Ägyptens aus dem Sudan. Mit britischer Unterstützung eroberten die Ägypter das Land 1898 wieder zurück. Während der Faschodakrise 1898 und 1899 stritten sich Großbritannien und Frankreich um die Vorherrschaft im Sudan. Nachdem Frankreich 1904 seinen Verzicht erklärte, wurde das Gebiet offiziell zum anglo-ägyptischen Kondominium, de facto jedoch britische Kolonie. In dieser Zeit entwickelte sich durch Missionierung eine christliche Minderheit im Süden des Landes.

Bürgerkrieg im Sudan

1953 bildete sich nach Wahlen unter Ismai al-Aschari eine eigenständige Regierung im Land. 1955 begann im Sudan der Bürgerkrieg zwischen dem christlich-schwarzen Süden und dem islamisch-arabischen Norden. Am 1. Januar 1956 wurde unter Präsident al-Aschari die Unabhängigkeit des Landes proklamiert. Im April trat der Sudan in die Arabische Liga ein. Nach den Wahlen im Jahr 1957 regierte für ein halbes Jahr Abdallah Khalil (Umma Partei) das Land.

1958 kam es zum Militärputsch durch General Abbud mit der darauf folgenden Auflösung des Parlaments, Suspendierung der Verfassung uand einem Verbot aller Parteien. 1964 wurde der selbsternannte Staatschef von einer zivilen Regierung unter Al-Aschari abgelöst. Es folgte eine Zeit politischer Instabilität.

1969 kam nach einem erneuen Putsch Oberst Dschafar Muhammed an-Numeiri an die Macht. Ein sozialistisches Einparteiensystem mit der von Numeiri entwickelten "Sudanesischen Sozialistischen Union" (SSU) wurde eingeführt, ausländische Banken und Unternehmen verstaatlicht. Außenpolitisch verband sich die neue Regierung mit der Sowjetunion.

Ein erneuter Putsch linker Kräfte gegen den nationalrevolutionären Flügel im Jahr 1971 konnte mit ägyptischer und libyscher Hilfe niedergeschlagen werden. Bei den Wahlen im Oktober 1971 siegte Numeiri.

1972 wurde dem aufständischen Süden im Friedensabkommen von Addis Abeba der Autonomiestatus, eine Amnestie für die Rebellen sowie Wirtschaftshilfe zugesichert. Außenpolitisch erfolgte eine Öffnung des Landes zur Bundesrepublik Deutschland und zu den USA, während sich die Beziehungen zur Sowjetunion zunehmend verschlechterten.
In der neuen Verfassung von 1973 wurde u.a. der Islam als Staatsreligion und die SSU als alleinige Staatspartei festgelegt. Im Südsudan wurde eine Autonomieregierung gebildet.

Nach einem gescheiterten Putschversuch 1976 beschuldigte Numeiri Libyen der Urheberschaft und schloss daraufhin ein Beistandsabkommen mit Ägypten.

1983 wurde im Land das islamische Recht (Scharia) eingeführt. Im selben Jahr begannen anlässlich ethnischer Konflikte erneute Aufstände im Südsudan, nachdem Erdölvorkommen in der Region entdeckt wurden. Die südsudanesischen Widerstandskämpfer erhielten von Äthiopien logistische Unterstützung. Numeiris radikale Islamisierungspolitik stieß sowohl bei der Mehrheit der Bevölkerung als auch in der Nationalversammlung auf zunehmende Ablehnung. 1985 wurde er durch einen unblutigen Militärputsch gestürzt.

Die Übergangsregierung orientierte sich wieder stärker an Libyen und der Sowjetunion und nahm außerdem diplomatische Beziehungen zum Iran auf. Die Versorgungslage der Bevölkerung vor allem im Süden des Lands verschlechterte sich weiterhin drastisch.

Nach einem Militärputsch im Jahr 1989 übernahm der islamisch orientierte Umar Hasan Ahmad Al-Bashir die Macht. Er verbot die Hilfsflüge der internationalen Hilfsorganisationen in den hungernden Süden.
Nachdem Osama Bin Laden 1992 Saudi-Arabien verlassen musste, ging er in den Sudan und leitete von dort aus den weiteren Aufbau der internationalen terroristischen Vereinigung Al-Qaida. Im selben Jahr startete die Regierung eine großangelegte Offensive gegen die südsudanesische "Sudanesische Volksbefreiungsarmee" (SPLA).

Obwohl die Militärdiktatur offiziell 1993 beendet wurde, sprechen Beobachter der UN von einem Völkermord im Süden des Landes, der von radikalen Islamisten und Regierungstruppen gemeinsam verübt wurde. 1998 griffen die USA durch das Bombardement einer Chemiefabrik bei Karthum, in der angeblich Giftgas produziert wurde, in den Konflikt ein. Ferner warfen sie dem Sudan eine Verwicklung in die Terroranschläge von Nairobi und Dar as-Salam vor.

Durch den Bürgerkrieg im Süden des Landes war damals bereits mutmaßlich eine Viertelmillion Menschen getötet worden, weitere 2,5 Millionen von Hungersnöten betroffen. Darüber hinaus verdichteten sich die Berichte über einen zunehmenden Sklavenhandel in der Region, der diesen Informationen zufolge von arabisch-muslimischen Paramilitärs mit kaum vorstellbarer Brutalität betrieben wurde. 1999 wurde nach Auflösung des Parlaments durch Al-Bashir der Ausnahmezustand im Sudan verhängt. Nach dem Bruch des erneut vereinbarten Waffenstillstands zwischen Regierung und Rebellen beendeten die Hilfsorganisationen ihre Hilfsflüge. Die Neuwahlen von 2001 wurden von den Oppositionsparteien blockiert und von Al-Bashir gewonnen.

Trotz der Waffenstillstandsvereinbarungen im Jahr 2002 eskalierte 2003 erneut der Konflikt in Darfur im Westen des Landes. Die Regierung ließ im Rahmen ethnischer Säuberungsaktionen Massaker unter der aufständischen Bevölkerung verüben. Eine weitere Hungerkatastrophe folgte. Regierung und die Rebellenorganisation SPLA unterzeichneten im Oktober 2003 ein Sicherheits-Abkommen und im Mai 2004 ein Teilabkommen über eine Machtteilung sowie die Konfliktbeilegung in vier Regionen.

Im Januar 2005 wurde ein Friedensabkommen unterzeichnet, das dem Süden des Landes für sechs Jahre eine Teilautonomie mit einem anschließenden Referendum über die Sezession gewährte.

Epilog

Im Mai 2005 verwies der UN-Sicherheitsrat die von der sudanesischen Regierung und den von ihr unterstützten Janjaweed-Milizen in Darfur begangenen Menschenrechtsverletzungen mit Resolution 1593 (2005) an den Internationalen Strafgerichtshof.

Der 21 Jahre andauernde Bürgerkrieg im Sudan hat insgesamt ca. 2 Millionen Tote gefordert. Eine der Kriegsursachen ist der Erdölreichtum einiger Südprovinzen. Während etliche Staaten, darunter Großbritannien, die USA und Deutschland, die sudanesische Regierung kritisierten, verhinderten andere wie Russland und die VR China, die ebenfalls an den Öl-Konzessionen interessiert sind, ein entschiedeneres Vorgehen. Die UNO zumindest reagierte über ihren Generalsekretär Kofi Annan mit großer Betroffenheit.

Am 14. Juli 2008 beantragte der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in den Haag gegen den Präsidenten des Sudans einen Haftbefehl wegen Völkermords in Darfur, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und weiteren acht Anklagepunkten. Man schätzt, dass in Darfur bis zum Jahr 2008 etwa 300.000 Menschen durch die islamischen Reitermilizen ums Leben gekommen sind und 2,5 Mio. sich auf der Flucht befinden bzw. in Lagern leben.

Unabhängigkeit des Südsudan
Im Südsudan, seit 2005 eine autonome Region des Landes, fand im Januar 2011 ein Referendum statt. Darin sprach sich die Mehrheit der Abstimmenden für die Unabhängigkeit des Südsudan vom Sudan aus. Die Unabhängigkeitserklärung wurde dann schließlich auch am 09. Juli 2011 verlesen. Seither ist der Südsudan unabhängig und der Sudan nicht mehr größte Land Afrikas, sondern auf den dritten Platz gerutscht - hinter Algerien und der Demokratischen Republik Kongo.

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