Historische Stätten in Katar

Ein Land zwischen Gestern und Heute: Das kleine Emirat Katar kann auf Anfänge zurückblicken, die bis in die Steinzeit zurückreichen. Auch wenn die Silhouette der Hauptstadt Doha von hypermodernen Wolkenkratzern, einer künstlich aufgeschütteten Insel und einer von luxuriösen Hotels und Nobelrestaurants gesäumten Strandpromenade geprägt ist und das Land in modernsten Stadien als erster Staat auf der arabischen Halbinsel ab dem 20. November 2022 Gastgeber einer Fußball-Weltmeisterschaft ist, für die bereits jetzt erste WM Quoten angeboten werden - Geschichte ist hier überall zu finden. Auf ein Alter von mehr als 10.000 Jahren schätzen Archäologen die Spuren der ersten Ansiedlungen. Damals war der heutige Wüstenstadt noch grün. Doch ein Klimawandel vertrieb die meisten Einwohner, und übrig blieben nur wenige Bewohner, die meist als Nomaden auf der Suche nach Wasserquellen durch das Land zogen. Traditionelle Zelte und umherziehende Beduinen prägen auch heute noch das Bild Katars jenseits der größeren Städte.

Die verschiedenen Stämme spielten und spielen seit Jahrhunderten eine bedeutende Rolle, die selbst von der wechselnden Herrschaft über das Land kaum beeinträchtigt wurde. Eine Allianz mit den Türken im 16. Jahrhundert half den Stämmen, die Portugiesen aus der Gegend zu vertreiben. Im Gegenzug fiel die Region offiziell an das osmanische Königreich, wurde aber in Wirklichkeit weiter von den Scheichen und Prinzen der örtlichen arabischen Stämme kontrolliert. Gebündelt wurde die Macht der Beduinenstämme erstmals in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, als die Sippe der Al Thani das Dorf al-Bid gründeten, aus dem sich das heutige Doha entwickelte. Scheich Muhammad Al-Thani wurde als Familienoberhaupt zur stärksten Kraft auf der Halbinsel und zum Begründer der noch heute regierenden Herrscherfamilie von Katar, der Dynastie Al-Thani. Die Al-Thanis bekamen rund 100 Jahre später Konkurrenz durch die Sippe der aus dem heutigen Kuwait stammenden Al-Chalifa, die unter anderem die Stadt Al Zubarah gründeten. Geschlichtet wurde der Konflikt vom Vereinigten Königreich, womit Großbritannien zugleich die Türken als Einflussgeber ersetzte. Erst seit 1971 ist das durch Erdöl und Erdgas reich gewordene Katar unabhängig.

Die Spuren dieser Geschichte sind über das ganze Land verteilt. Vor allem für Archäologen ist dabei Murwab Fort von Bedeutung. Die aus fünf Gebäudegruppen mit rund 250 Häusern und 2 Moscheen bestehende Festung stammt aus dem 9. Jahrhundert nach Christus und ist ein wichtiger Ausgrabungsort. Ein weiterer archäologischer Höhepunkt sind die Ruinen von Al Jumail in der Nähe eines verlassenen Dorfes an der Straße von Al Ruwais nach Al Zubarah. Die Überreste der Gebäude gelten als bedeutsamer Teil der Geschichte Katars und stehen unter dem Schutz des Ministeriums für Kunst, Kultur und Kulturerbe.

Deutlich jünger, aber sogar von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt ist Al Zubarah mit seiner 1938 erbauten Festung. Bis in die Mitte der 1980er Jahre diente das ursprünglich zum Schutz der Küste vor Angriffen der Al-Chalifs errichtete Fort als Stützpunkt des Militärs. Ein Museum und ein Besucherzentrum bieten heute unter anderem Einblicke in das Leben der einstigen Perlentaucher. Eine Mischung aus Vergangenheit und Gegenwart stellt das Kulturdorf Katara dar, das sich zu einer der Hauptattraktionen des Landes entwickelt hat. Auf rund 100 Fläche gibt es traditionelle Architektur, ein modernes Amphitheater und eine Oper, aber auch einen Souq für Handwerkskunst und ein Kunstzentrum zu bewundern. Einblicke in das Leben und die Geschichte der arabischen Beduinen in Katar lassen sich mitten in der Wüste im Sheikh Faisal Museum im Westen von Doha gewinnen. Die Einrichtung ist eines der größten Privatmuseen der Welt, steht aber auch Besuchern kostenlos zur Verfügung.

Das wohl bekannteste Bild der Beduinen ist von Kamelen und Jagdfalken geprägt. Wie bedeutsam diese Tiere noch heute sind und wie wenig sich daran in Jahrhunderten geändert hat, lässt sich auf der Kamelrennbahn von Katar und im Souq Waqif erleben. Letzterer stammt zwar aus dem Jahr 2004, lädt aber mit seinen kopfsteingepflasterten Gassen, Lehmwänden und Holzbanken und dem Falkenkrankenhaus zu einer Zeitreise ein.

Das gilt ebenfalls für das Museum für Islamische Kunst. Das aufsehenerregende Gebäude, dessen Fassade im obersten Stockwerk an ein verschleiertes Frauenantlitz erinnert, beherbergt innen mindestens genauso spektakuläre Werke aus verschiedenen Jahrhunderten.
Ebenfalls aus dem 21. Jahrhundert und dennoch eng mit der architektonischen und kulturellen Tradition Katars verknüpft ist die 2011 eröffnete Große Moschee von Doha. Mit ihren 93 Kuppeln und einem 65 Meter hohen Minarett ist das Bauwerk, das in seinem Inneren Platz für 30.000 Gläubige bietet, bei Tag und Nacht ein unvergesslicher Anblick.

Ebenfalls unvergesslich und zudem unerwartet ist ein landschaftliches Wunderwerk. Der vom Persischen Golf geschaffene Binnensee Khor Al Eidad, der Katar von Saudi Arabien getrennt hat, liegt fernab der Zivilisation und bietet stattdessen unter anderem eine Heimstatt für Flamingos, Kormorane, Wattvögel und Seeschwalben. Hinzu kommen blendend weiße Dünen, die an der Küste sichelförmig gen Himmel streben.

In die Geschichte Katars eingehen sollen auch etliche der eigens für die Fußball-Weltmeisterschaft errichteten Stadien. Die Vegetation mag sich vor Jahrtausenden zum größten Teil aus Katar verabschiedet haben, aber grün geht es dennoch nach dem Wunsch der Scheiche zu. Modernste Kühltechnologie, ein großer Anteil an lokalen Materialien und rückbaubare Module, die nach der WM für andere Projekte wiederverwendet werden sollen, gehören dazu.
Schon jetzt verbindet die Halbinsel Katar Gestern und Heute. Mit den WM-Bauten soll zudem der Spagat zum Morgen geschlagen werden.

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